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Abgang, Schritt für Schritt. Der scheidende NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zieht sich auch vom Parteivorsitz zurück.

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Nordrhein-Westfalen: Rangeln in der CDU

Jürgen Rüttgers gibt auch den CDU-Landesvorsitz ab und strebt keine politischen Ämter mehr an. Die Partei ist im Moment auf eine kuriose Art führungslos.

Norbert Röttgen hatte kein Mitteilungsbedürfnis. Obwohl die Fragen geradezu auf ihn einprasselten, ließ er sich nur ein knappes „Nein“ entlocken; danach entschwand der Bundesumweltminister. Zuvor hatte Röttgen mehr als drei Stunden gemeinsam mit den Kreisvorsitzenden der nordrhein-westfälischen CDU über die politische Lage beraten und nach einem Ausweg aus der Krise gesucht. Jürgen Rüttgers hatte mehr oder weniger deutlich seinen Rückzug aus allen Ämtern angekündigt, will aber noch so lange in Verantwortung bleiben, dass sich potenzielle Nachfolger zurückhalten. Auch Röttgen wird von Parteifreunden immer wieder genannt, wenn man nach möglichen neuen Vorsitzenden des größten Landesverbands der CDU fragt.

Die Partei ist im Moment auf eine kuriose Art führungslos. Sie hat zwar mit Rüttgers einen erfahrenen Vorsitzenden, aber dessen Autorität ist beschädigt. Er hat bei der Landtagswahl zehn Prozent verloren und seither wechselnde Signale gegeben. Unter der Überschrift „Ich mache mich nicht vom Acker“ hat er viel von Verantwortung geredet und am Ende nicht klar erklärt, was er persönlich will. In der vergangenen Woche hat er im Landesvorstand zwar erklärt, er stehe für den Fraktionsvorsitz und damit für die Oppositionsführerrolle nicht zur Verfügung, aber die Spekulationen waren damit nicht beendet. Im Raum stand die Frage, ob er möglicherweise bei raschen Neuwahlen eine erneute Spitzenkandidatur gegen Hannelore Kraft anstrebt. Unbeantwortet blieb auch, wie lange er die Landes-CDU noch führen möchte.

Weil dies bei der Basis inzwischen zu kritischen Nachfragen führte, hat sich die NRW-CDU entschieden, die Kreisgeschäftsführer nach Essen einzuladen und über die Lage zu diskutieren. Weil Rüttgers die Signale richtig deutete, hat er eine Art Flucht nach vorne angetreten. Im Landesvorstand des vergangenen Wochenendes hatte er das – so war zumindest seine Sicht der Dinge – schon einmal versucht und sich hinterher mächtig darüber geärgert, dass die Spekulationen erst richtig beflügelt wurden. „Da sind Falschmeldungen produziert worden“, empörte sich Rüttgers. In Essen wollte er es deshalb besser machen. So fielen in der Funktionärsrunde die entscheidenden Worte „ich strebe keine Ämter mehr an“ – und so formulierte er es am späten Abend auch vor den anwesenden Vertretern der Presse. Das Wort Rücktritt oder Rückzug vermied er allerdings, ganz im Gegenteil, er versuchte noch immer den Eindruck zu vermitteln, das Heft des Handelns fest in der Hand zu halten. „Ich denke noch immer darüber nach, was er uns sagen wollte“, rätselte einer der Teilnehmer der Runde hinterher.

Am Ende bleibt allerdings nur wenig Spielraum. Rüttgers kann auf Nachfragen nur noch sagen, dass er weder die erneute Spitzenkandidatur noch seine beiden Parteiämter im Land und im Bund erneuern will. „Wir brauchen ihn, um den Übergang zu moderieren“, heißt das etwas später in den Worten von Parteigeneral Andreas Krautscheid, dem Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt werden und der sich dann möglicherweise erneut mit Röttgen auseinandersetzen müsste. Röttgen hatte kürzlich knapp gegen Krautscheid gewonnen, als es um den Bezirksvorsitz in seiner rheinischen Heimat ging; der Rüttgers-Vertraute Krautscheid hatte das Nachsehen. Der Landesvorsitz muss allerdings im Zusammenhang mit der Fraktion gesehen werden. Dort rangeln Karl Josef Laumann und Armin Laschet, sie versuchen allerdings noch, sich abzusprechen.

Rüttgers lässt derweil prüfen, wie lange ihm die Insignien der Macht noch zustehen und er sowohl Büro wie Dienstwagen und Fahrer als ehemaliger Ministerpräsident nutzen kann. Johannes Rau hatte ein volles Jahr noch eine großzügige Ausstattung, bevor er Bundespräsident wurde. Bei Rüttgers ist die Entscheidung nach Aussagen aus der Staatskanzlei noch nicht gefällt, ob er die teuren Dienste eventuell sogar länger in Anspruch nehmen kann.

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