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Nordrhein-Westfalen: Unbequeme Zahlen erst hinterher

In Dortmund wird es Neuwahlen geben: Die SPD hatte ein Haushaltsloch verschwiegen – in Krefeld leistete sich die CDU Ähnliches.

Die Kommunalwahlen in Dortmund sollen wiederholt werden. Dafür stimmte der Dortmunder Stadtrat am Donnerstagabend. Ein Termin für die Neuwahl steht noch nicht fest, es wird aber damit gerechnet, dass die Abstimmung Anfang März kommenden Jahres stattfindet. Um den Ausgang der Kommunalwahlen vom 30. August gab es seit Wochen Streit, weil nur einen Tag nach den Wahlen ein Finanzloch bekanntgeworden und eine Haushaltssperre verkündet worden war.

Der am 30. August gewählte Bürgermeister Ullrich Sierau hat sich am Ende für eine Art Vorwärtsverteidigung entschieden. Fast drei Monate lang hatte er das öffentliche Trommelfeuer überstanden und allen Forderungen nach Neuwahlen widerstanden. Bei dem Urnengang am 30. August hatte er die alte SPD-Hochburg überraschend eindeutig mit 45 Prozent der Stimmen gewonnen, selbst seine SPD lag im Rat eindeutig vor den anderen Parteien. Richtig Freude kam bei ihm allerdings nicht auf, denn schon am Morgen nach der Wahl verkündete sein – ebenfalls sozialdemokratischer – Amtsvorgänger, dass man im laufenden Haushalt ein Loch von rund 100 Millionen entdeckt habe. „Ich habe das aus dem Radio erfahren", lautete der Kommentar von Sierau; seither lebt der Mann mit dem Vorwurf, entweder ein Lügner oder ein Dummkopf zu sein, denn der neu gewählte Oberbürgermeister gehörte der Riege städtischer Dezernenten so lange an, dass seine Entschuldigungen wenig glaubwürdig wirkten. Die SPD verteidigte ihre Bastion freilich mit hoher Energie; nur die sozialdemokratische Kämmerin, die offenbar Zahlen zurückgehalten hatte, musste gehen.

Als jetzt ein unabhängiges Gutachten zu dem Schluss kam, das verschwiegene Haushaltsloch könne die Wahl sehr wohl beeinflusst haben und Neuwahlen als denkbar bezeichnete, lenkte die SPD ein. „Ich bin ganz heiß auf die Wiederholungswahl“, kabelte Ullrich Sierau danach im Versuch, aus der Not ein Tugend zu machen. Dieses neue Votum bringe „mehr Klarheit und Transparenz“. Damit lieferte er freilich eine schöne Vorlage für hämischen Kommentare der politischen Konkurrenz. „Wenn sich Herr Sierau als Vorreiter für mehr Transparenz bezeichnet, kann man das nur noch mit ungläubigem Kopfschütteln quittieren“, mokierte sich der FDP-Fraktionschef im Landtag Gerhard Papke, der wie viele Düsseldorfer Mitglieder der Regierungsfraktionen besonders um Dortmund gekämpft hatte.

Nachdem die Dortmunder SPD ihren Widerstand gegen eine Neuauflage der Kommunalwahl aufgegeben hat und die Bürger erneut abstimmen dürfen, rückt jetzt die linksrheinische Stadt Krefeld in den Mittelpunkt des Interesses. Ähnlich wie in Dortmund wurden Einzelheiten des drohenden Etatdefizits erst nach der Kommunalwahl bekannt. Hier muss nun Gregor Kathstede (CDU) Wahlanfechtungen überstehen. Der christdemokratische Amtsinhaber Gregor Kathstede war mit nur 406 Stimmen Vorsprung vor seinem Herausforderer Uli Hahnen von der SPD durchs Ziel gegangen. Vor der Wahl hatte sich Kathstede immer wieder für den ausgeglichenen Haushalt gelobt, mit dem er sich für die neue Legislaturperiode empfahl. Elf Tage nach der Wahl war alles vorbei: Kathstede musste ein Loch von über 60 Millionen Euro bekannt geben, inzwischen sind daraus bald 70 Millionen geworden.

Dieses Mal reiten die Sozialdemokraten die Attacken, im Dortmunder Gutachten finden sie jede Menge Argumente für eine Neuwahl. Im Januar wird der Wahlprüfungsausschuss sie wägen. Bisher lehnt Kathstede jede Rücktrittsforderung ab, seine Düsseldorfer Parteifreunde ziehen es vor, über Dortmund zu reden.

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