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Nordrhein-Westfalen: Wenn der kleine Partner drängelt

Die Grünen in NRW werben für eine Minderheitsregierung. Die Sozialdemokraten haben dazu allerdings im Moment wenig Neigung.

Düsseldorf - Unter den Partnern rumort es. Während Hannelore Kraft im Moment wenig Neigung empfindet, sich zur Chefin einer Minderheitenregierung in Nordrhein-Westfalen wählen zu lassen, haben es die Grünen deutlich eiliger als die Genossen. „Politikwechsel braucht Regierungswechsel“, glaubt Sylvia Löhrmann, die grüne Spitzenkandidatin, und listet eine ganze Reihe von Punkten auf, mit denen sie ihre These zu untermauern versucht. „Wir könnten die Kommunalaufsicht sofort ändern, wir könnten den Gemeinden helfen und neue Schulmodelle auf den Weg bringen“, argumentiert Löhrmann. Sie wirbt offensiv dafür, dass sich Kraft schon Mitte Juli zur Ministerpräsidentin wählen lässt. „Allein aus dem Parlament heraus wird uns der Politikwechsel nicht gelingen, weil wir immer die Verwaltung gegen uns haben“, fügt Löhrmann noch hinzu.

Natürlich kennt die Grünen-Fraktionschefin die Bedenken von Hannelore Kraft gegen diese Strategie. Die beiden telefonieren ständig, außerdem sitzen sie sich in diesen Tagen in wechselnden Konstellationen gegenüber. „Diese Meinungsverschiedenheit berührt unsere privilegierte Partnerschaft nicht“, hofft die Grüne, bei den Sozialdemokraten schüttelt man schon einmal den Kopf angesichts der Vehemenz, mit der Sylvia Löhrmann ihre Thesen vorträgt. „Die muss ja nicht in vier Wahlgänge, ich muss das“, antwortet Hannelore Kraft stets auf die ungeduldigen grünen Fragesteller.

Bei den Sozialdemokraten besteht im Moment wenig Neigung, Jürgen Rüttgers aus der Staatskanzlei zu befreien, zumal mit einer raschen Wahl erhebliche politische Risiken verbunden sind. „Wir können linke Stimmen nicht vermeiden, deshalb haben wir sofort wieder eine Volksfront-Debatte“, fürchten sozialdemokratische Strategen. In der Tat könnte Kraft im vierten Wahlgang in Nordrhein-Westfalen auch mit der einfachen rot-grünen Mehrheit ins Amt kommen; aber die Linke hat längst signalisiert, dass man schon vorher für sie votieren würde. „Bis jetzt hat sie die Linke herausgehalten, dann hätten wir die Debatte im Sommerloch an der Backe“, fürchten die Genossen.

Damit geben sie die Option auf eine Minderheitenregierung nicht auf. Die Landesverfassung bietet zu jedem geeigneten Zeitpunkt die Chance, Hannelore Kraft zu wählen. Sie selbst hat als Voraussetzung wichtige Entscheidungen im Bundesrat genannt. Sollte Schwarz-Gelb etwa das Sparpaket in der Länderkammer zur Abstimmung stellen, würde Kraft springen. „Dann kann ich das den Menschen erklären“, sagte sie intern. Jürgen Zurheide

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