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Norwegen: Mohammedkarikaturen: Nachdrucken, um Druck zu machen

Ein norwegische Zeitung veröffentlicht die umstrittenen Mohammed-Karikaturen von 2006 noch einmal – nach dem Anschlag auf den Zeichner.

Die Reaktionen auf den Neuabdruck der umstrittenen Mohammedkarikaturen in der führenden norwegischen Tageszeitung „Aftenposten“ reichen von Schulterklopfen bis Kopfschütteln. Es handele sich nicht um eine unnötige Provokation, sondern um eine „natürliche, selbstverständliche“ Solidaritätsbekundung für den kürzlich nur knapp einem brutalen Mordversuch entgangenen dänischen Zeichner Kurt Westergaard, sagte Chefredakteurin Hilde Haugsgjerd zu den am Freitag in ihrem Blatt neu veröffentlichten Karikaturen, die 2006 nach ihrer Erstveröffentlichung in der dänischen „Jyllands-Posten“ zu weltweiten Ausschreitungen und Warenboykotten gegen Dänemark führten.

Am Neujahrstag war ein 28-Jähriger mit Verbindungen zu islamischen Terrorgruppen in Somalia in das Haus des Zeichners eingedrungen, um den 74-Jährigen mit einer Axt zu erschlagen, weil er den Propheten verunglimpft habe – so die Erkenntnisse des dänischem Geheimdienstes. Nur weil die Polizei aus Westergaards Badezimmer einen Stahlschutzraum gemacht hatte, in den er sich retten konnte, sei er mit dem Leben davongekommen, berichtete der Zeichner. Der verhaftete Täter, der auch die anrückende Polizei mit Axt und Messer angegriffen haben soll und deshalb angeschossen wurde, bestreitet Tötungsabsichten.

Nach dem Angriff auf Westergaard sei der richtige Zeitpunkt für den Neudruck gekommen, auch um ein Zeichen für die Meinungsfreiheit zu setzen, sagte Haugsgjerd. „Nun stehen wir vor einem Strafprozess in Dänemark. Da ist es natürlich und richtig, der künstlerischen und journalistischen Ausdrucksform zu gedenken, die höchstwahrscheinlich der Grund für diesen Angriff war.“

Politiker der Regierungsparteien Liberales Zentrum und Sozialisten begrüßen den Neudruck offen. Sie riefen nach dem Mordanschlag alle Medien im Land auf, die Karikaturen abzudrucken, nachdem mehrere Lokalzeitungen dies getan hatten. „Norwegische Medien müssen die umstrittenen Karikaturen drucken, wenn es einen journalistischen Grund gibt“, sagte Bård Vegar Solhjell, Vizechef der Sozialisten, flankiert von Ola Borton Moe vom Zentrum. Beide sprechen von der „notwendigen Verteidigung der Meinungsfreiheit“. Der sozialdemokratische Außenminister Jonas Gahr Støre kritisierte die Aufforderung. Politiker sollten sich aus Angelegenheiten der Presse heraushalten, sagte er. Seine eigene Einmischung 2006, als die Karikaturenkrise für Dänemark eskalierte, und er den einheimischen Medien offen sagte, es sei „unklug“, die Karikaturen nun zu drucken, wolle er nicht wiederholen, so der Außenminister zum „Aftenposten“.

In Dänemark war die Reaktion auf die Neuveröffentlichung verhalten. Große Zeitungen lehnten einen Neudruck ab. Bei der konservativen „Jyllands-Posten“ hieß es, man wolle den Zeichner nicht noch mehr gefährden. Westergaard, der sich nach außen immer noch robust gibt, muss nun rund um die Uhr von einem Personenschützer bewacht werden. Auf sein Leben mit Umzügen zwischen wechselnden Geheimwohnungen im In- und Ausland habe sich eine „trübgraue Depression“ als Grundstimmung gelegt. sagt er. „Diese Sache wird mich bis an mein Lebensende verfolgen, das ist klar.“

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