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NPD in Nöten: Braunes Finanzchaos

Der rechtsextremen NPD droht offenbar weitere Millionenstrafe – jahrelang sollen Rechenschaftsberichte frisiert worden sein.

Von Frank Jansen

Die Partei schien sich nach dem chaotischen Frühjahr halbwegs gefangen zu haben, doch jetzt gibt es wieder reichlich Turbulenzen. Der NPD droht eine Eskalation ihrer Finanzkrise und damit eine weitere Runde der internen Machtkämpfe. Von 2002 bis 2006 soll die NPD in Rechenschaftsberichten an den Bundestag überhöhte Mitgliedsbeiträge und Spenden angegeben haben, berichtet der „Spiegel“. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen habe Fehlbeträge von insgesamt 870 154,15 Euro errechnet. Damit soll sich die NPD unberechtigte Zuschüsse des Staates in Höhe von 270.000 Euro erschlichen haben.

Laut Parteiengesetz stehen einer Partei für jeden Euro, den sie als Spende oder Mitgliedsbeitrag erhält, vom Staat 38 Cent zu. Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass die NPD den Bundestag getäuscht hat, verlöre sie die unberechtigt erhaltenen Zuschüsse und müsste das Doppelte der Summe der Fehlbeträge als Strafe zahlen: rund 1,7 Millionen Euro. Viel Geld für eine Partei, der schon enorme Strafen auferlegt wurden.

Die 1,7 Millionen Euro kämen zu den 1,27 Millionen Euro hinzu, die für den fehlerhaften Rechenschaftsbericht für das Jahr 2007 fällig sind. Diesen Betrag hatte das Berliner Verwaltungsgericht im Mai festgesetzt, nachdem die NPD gegen eine doppelt so hohe Strafe des Bundestages geklagt hatte. Das ist noch nicht alles. Die Partei hatte zuvor schon 870 000 Euro wegen einer Spendenaffäre des Thüringer Landesverbands eingebüßt.

Das neue Kapitel in der Serie von Spendenskandalen ist wieder mit dem Namen Erwin Kemna verknüpft. Der Bundesschatzmeister der NPD hatte von 1996 bis zu einer Festnahme im Februar 2008 wegen des Verdachts auf Untreue zulasten der Partei offenbar ohne größere Kontrolle deren Finanzen verwaltet. Auch massiv zu seinen Gunsten: Im September 2008 verurteilte das Landgericht Münster Kemna zu zwei Jahren und acht Monaten Haft, weil erwiesen war, dass er der NPD mehr als 740 000 Euro entwendet hatte. Auch nach dem Richterspruch gingen die Ermittlungen gegen Kemna weiter – und ergaben offenbar weitere kriminelle Aktionen des einstigen Schatzmeisters, diesmal zum Nachteil des Staates.

Die Kemna-Affäre hat die NPD bereits heftig erschüttert, die mögliche Eskalation der Finanzkatastrophe könnte nun die nächste Eruption einleiten. Schon bei den Parteitagen 2008 in Bamberg und erst recht im April dieses Jahr in Berlin geriet Parteichef Udo Voigt unter starken Beschuss. Interne Kritiker, vor allem der Chef der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, hielten Voigt vor, er sei für die Machenschaften seines Freundes Kemna mitverantwortlich. Die Staatsanwaltschaft Münster hegt einen ähnlichen Verdacht, sie ermittelt seit Januar gegen den NPD-Vorsitzenden.

Weiter geschwächt wurde Voigts Position jetzt durch den plötzlichen Tod seines überaus fanatischen, aber auch wohlhabenden Stellvertreters Jürgen Rieger. Der Hamburger Anwalt hatte Voigt in der Kemna-Affäre gegen Pastörs und andere Kritiker unterstützt. Außerdem lieh Rieger der Partei etwa 500 000 Euro. Möglicherweise fordern seine vier Kinder das Geld nun zurück und verschärfen damit noch die Finanzkrise der NPD. Voigt jedoch wehrt sich gegen seine Kritiker und verweist intern auf den jüngsten Erfolg bei der Geldbeschaffung. Im September spendete ein Mann aus Thüringen der Partei 140 500 Euro.

Anders als im Frühjahr sei trotz der Ausweitung der Spendenaffäre keine Existenzkrise der NPD zu erwarten, sagen Verfassungsschützer. In Sachsen habe die Partei den Wiedereinzug in den Landtag geschafft und sich damit regional konsolidiert, außerdem erscheine die Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern stabil. Dennoch kein Grund zur Freude für Voigt: Neben Pastörs zählt der sächsische Fraktionschef Holger Apfel zu seinen härtesten Gegnern.

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