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Die Affäre um den zurückgetretenen NPD-Geschäftsführer Holger Szymanski zieht die Partei noch tiefer in die Krise.

© dpa

NPD: Rechtsextreme Partei im freien Fall

Nach dem Rücktritt des sächsischen Landeschefs Holger Szymanski ist die NPD in einem desaströsen Zustand. Deutschlandweit verstärkt die Affäre den Schmuddelgeruch der Partei.

Von Frank Jansen

Die Kampagne sollte provozieren und der NPD das bescheren, wonach sie am meisten giert: Aufmerksamkeit. Mitglieder der Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) drangen im Sommer 2014 in sächsische Schulen ein und verteilten Propagandamaterial. Ein Rechtsextremist präsentierte sich, wunderlich verkleidet, als „Platzhirsch“. Vorgeblich sollten Schüler über die Drogengefahr informiert werden, tatsächlich waren die makabren Auftritte Teil des Wahlkampfs der NPD. Genutzt hat es nichts, die Partei scheiterte in Sachsen im August 2014 knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Die NPD-Fraktion musste den Dresdener Landtag nach zehn Jahren verlassen. Aber es kam für die Rechtsextremen noch schlimmer.

Die Polizei ermittelte nach der „Platzhirsch“-Kampagne gegen Parteimitglieder wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch. Im März gab es Durchsuchungen, betroffen war auch NPD-Landeschef Holger Szymanski. Auf ihn und die sächsische NPD und die Bundespartei insgesamt kommt die „Platzhirsch“-Aktion nun wie ein Bumerang zurück. Und die mit 50 Jahren älteste rechtsextreme Organisation der Bundesrepublik stürzt noch tiefer in die Krise.

Szymanski trat "aus persönlichen Gründen" zurück

Szymanski, im November 2014 trotz der schweren Wahlniederlage in Sachsen auch zum Bundesgeschäftsführer der NPD aufgestiegen, trat vergangenen Freitag von allen Posten zurück. „Aus persönlichen Gründen“, wie es in einer dürren Mitteilung des Parteisprechers heißt. Szymanski selbst ist nicht zu erreichen, auch die NPD will keine Details nennen. Dennoch gibt es Hinweise, was die Polizei bei den Razzien im Gefolge der „Platzhirsch“-Kampagne mutmaßlich sichergestellt hatte. Auf Festplatten, die Szymanski zugeordnet werden, sollen sich pornografische Dateien mit besonders ekligem Inhalt befinden.

Damit wird die NPD über Sachsen hinaus schon wieder von einem Sex-Skandal erschüttert. Im Dezember 2013 war der damalige NPD-Vorsitzende Holger Apfel, zugleich Chef der sächsischen Fraktion, zurückgetreten. Ihm wurde intern vorgeworfen, einen jungen „Kameraden“ sexuell belästigt zu haben. Der genervte Apfel verließ dann die NPD. „Die Partei kann Sachsen erst mal vergessen“, heißt es in Sicherheitskreisen. Doch auch deutschlandweit verstärkt die Affäre Szymanski den Schmuddelgeruch der NPD. Und das angesichts eines laufenden Verbotsverfahrens und einer ganzen Serie katastrophaler Wahlergebnisse.

Im Mai schaffte die Partei in Bremen nur noch 0,2 Prozent, drei Monate zuvor war sie in Hamburg bei 0,3 Prozent hängen geblieben. 2014 flog die NPD nicht nur aus dem sächsischen Landtag, sie verpasste auch deutlich den Sprung in die Parlamente von Brandenburg und Thüringen. Im Jahr zuvor hatte die Partei bei der Bundestagswahl lediglich 1,3 Prozent der Zweitstimmen geholt. Noch übler ist die Lage im Westen. Hier blieb die NPD seit 2012 in sechs Ländern unter einem Prozent und büßte die staatliche Erstattung von Wahlkampfkosten ein. In Westdeutschland, sagen Sicherheitsexperten, finde die NPD kaum noch statt.

Der Nimbus der NPD, eine regionale Kraft im Osten zu sein, wird schwächer

Und der Nimbus, immerhin eine regionale Kraft im Osten zu sein, wird schwächer. Bei der letzten Umfrage in Mecklenburg-Vorpommern, dem einzigen Land mit einer NPD-Fraktion, kam die Partei nur noch auf 1,4 Prozent. Müssten die Rechtsextremen auch das Parlament in Schwerin verlassen, hätten sie nur noch Kommunalmandate. Und den Europaabgeordneten Ex-Parteichef Udo Voigt.

Der aktuelle NPD-Vorsitzende Frank Franz kann den Niedergang kaum stoppen. Zumal Franz, der sich smart gibt, bei stramm braunen Mitgliedern wenig beliebt ist. Einige Unzufriedene sind schon zu den jungen Neonaziparteien „Die Rechte“ und „Der Dritte Weg“ gewechselt. Die NPD bröckelt, 2014 sank die Zahl der Mitglieder auf 5200. Das bedeutet einen Verlust um mehr als 20 Prozent seit 2010.

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