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Politik: NPD-Verbot: Einmütig - aber nicht ohne Widerspruch

Otto Schily ließ sich nichts anmerken. Mit stoischem Blick und, wie gewohnt, ohne jede Modulation in der Stimme verkündete er das Votum seiner Länderkollegen.

Otto Schily ließ sich nichts anmerken. Mit stoischem Blick und, wie gewohnt, ohne jede Modulation in der Stimme verkündete er das Votum seiner Länderkollegen. "Ich begrüße nachdrücklich die heutige", begann er seinen Satz, um nach einer kleinen Kunstpause hinzuzufügen, "einmütige Entscheidung der Innenministerkonferenz". Das Wort einmütig hatte zuvor auch der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens gebraucht, wenig später wird Günther Beckstein, der bayerische Hüter über Gesetz und Ordnung, das einmütige Verhalten der Kollegen loben. Erst später, als die Journalisten kritisch nachfragen, wird offenbar, dass die Länderfront Risse hat und dass selbst die hier auftretenden Innenminister mit Restzweifeln kämpfen, ob der Verbotsantrag gegen die NPD vor dem Verfassungsgericht wirklich bestehen wird.

"Wir halten die Risiken für vertretbar", heißt das in der Sprache von Fritz Behrens, der bis vor kurzem nicht allzu viel von einem Verbotsantrag gehalten hat. Erst seit sein Ministerpräsident Wolfgang Clement in der Öffentlichkeit vehement für den Gang nach Karlsruhe eintrat, hat sich Behrens auf die Seite von Günther Beckstein geschlagen, der den Unionswiderstand gegen die braune Gefahr koordiniert.

Noch am Abend zuvor hatte Beckstein in einer Telefonrunde seine zweifelnden Kollegen im CDU-Lager zu überzeugen versucht. "Wir sind ein Land mit außerordentlich großer Freiheit", hatte er argumentiert, "aber die wehrhafte Demokratie kann sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen". Vor allem seine CDU-Freunde in Hessen und im Saarland hegen Zweifel, ob das bisher vorliegenden Material vor dem strengen Auge der Verfassungsrichter bestehen wird.

Hessens Verfassungsschutz skeptisch

Pünktlich zu dieser Sonderkonferenz der Innenminister in Düsseldorf hatten die Hessen ein Papier ihres Verfassungsschutzes in die Öffentlichkeit lanciert. "Es besteht das nicht geringe Risiko", heißt es dort, "dass der Antrag auf Verbot der NPD als unbegründet abgewiesen wird". Die hessischen Schlapphüte sehen zwar auch Anzeichen für verfassungsfeindliche Aktivitäten der NPD, aber sie fürchten, nicht beweisen zu können, dass die braunen Parteivertreter eine aktive kämpferische Haltung einnehmen; was wiederum die Verfassung verlangt, wenn eine Partei verboten werden soll. Laurenz Meyer, den designierten Generalsekretär von Angela Merkel, beschleichen an diesem Punkt auch erhebliche Zweifel. "Das sollte man nicht machen", sagte er, während die Innenminister noch tagten, "wenn man damit nicht durchkommt". Dass ausgerechnet der Jurist Roland Koch Schwierigkeiten vor den Karlsruher Richtern sieht, macht ihn nervös: "Ich halte viel vom Beurteilungsvermögen Roland Kochs." Während sich der hessische Innenminister genauso wie sein saarländischer Kollege im Kreise der Innenminister nur enthalten hat, werden beide Länder im Bundesrat gegen den Gang nach Karlsruhe stimmen.

Otto Schily ficht das nicht an. Der Bundesrat wird ihm mit Mehrheit folgen, die Bundesregierung wird den Verbotsantrag ebenfalls unterstützen. Dass sich die Richter von diesen beiden Verfassungsorganen unter Druck gesetzt fühlen können, weist Schily zurück: "Das darf nicht als Druck ausgelegt werden". An diesem Punkt nicken sowohl Behrens als auch Beckstein einmütig. Der Nordrhein-Westfale will im Übrigen etwas anderes beobachtet haben: "Allein die Debatte über das Verbot hat schon einen Effekt: die NPD agiert seither deutlich zurückhaltender". Darauf wird er gewiss noch einmal hinweisen, wenn es für Karlsruhe nicht reichen sollte.

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