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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder. Hier mit Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) und Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU).

© dpa

NPD-Verbotsverfahren: Der Bund hegt weiter Zweifel

Die Ministerpräsidenten haben sich klar für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das "mit Verständnis" zur Kenntnis genommen. Die Lage ist kompliziert im Bund.

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Auf Länderseite ist die Sache klar. Die Ministerpräsidenten werden bereits in der nächsten Bundesratssitzung am 14. Dezember einen neuen NPD-Verbotsantrag beschließen. Damit folgen die Regierungschefs der Empfehlung der Innenministerkonferenz, die am Vortag getagt hatte. Fraglich ist es, wie sich Bundestag und Bundesregierung verhalten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte am Donnerstag an, dass der Bund im ersten Quartal 2013 eine Entscheidung treffen werde. „Die Meinungsbildung ist aber noch nicht abgeschlossen“, sagte Merkel. Der Bund habe die Entscheidung der Länder „mit Verständnis zur Kenntnis genommen“. Es gebe eine „eindrucksvolle Faktensammlung“, sagte Merkel weiter, „aber auch rechtliche Risiken“.

Die Materialsammlung wird laut Merkel dem Bundestag zur Verfügung gestellt. Dort verlaufen die Linien zwischen Gegnern und Befürwortern eines Verbotsverfahrens nahezu quer durch die Fraktionen. Einzige Ausnahme ist die SPD. Dort ist eine große Mehrheit für einen neuen Antrag. Und die Kritik an Union und FDP groß. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, greift Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser Schnarrenberger (FDP) an, die nach dem Beschluss der Landesinnenminister ihre Skepsis zum Ausdruck gebracht hatte. „Sie sollte nicht rumnörgeln, sondern ihre Bedenken äußern und dann alles tun, damit der Verbotsantrag ein Erfolg wird. Dieses Zögern der Ministerin und vor allem des Bundesinnenministers sind kein Ausdruck einer wehrhaften Demokratie“, sagte er dem Tagesspiegel. „Ich erwarte, dass alle drei Verfassungsorgane zusammenstehen und mit einem gemeinsamen Antrag nach Karlsruhe ziehen.“ Eine einfache Mehrheit würde zwar reichen, aber wenn nur die zustande käme, wäre das kein gutes Signal. Hartmann ist für eine namentliche Abstimmung.

In den anderen Fraktionen ist die Lage komplizierter. Bei der Union verläuft die Grenze nicht zwischen CSU und CDU, sondern jeweils innerhalb der beiden Parteien. Während der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl entschieden dagegen ist, gibt es andere aus der CSU-Landesgruppe, die dafür sind und damit der Linie von Parteichef Horst Seehofer folgen. Bei der CDU ist es ähnlich. Es gibt Skeptiker wie Bundestagspräsident Norbert Lammert und Befürworter wie den Obmann der CDU im NSU-Untersuchungsausschuss, Clemens Binninger.

Die FDP-Abgeordneten sind mehrheitlich gegen einen Antrag. Allerdings gibt es feine Risse unter den Experten. Während der FDP-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss, Hartfrid Wolff, eher gegen ein Verbotsverfahren ist, votiert sein Kollege im Ausschuss, Serkan Tören, klar dafür. „Das NPD-Verbotsverfahren muss kommen“, forderte er kürzlich. Anders als die SPD sind die Grünen ebenfalls gespalten. Es gibt Innenpolitiker wie Wolfgang Wieland, die zwar nicht mit voller Leidenschaft für ein neues Verbotsverfahren sind, aber ihm tendenziell positiv gegenüberstehen.

Auf der anderen Seite stehen Leute wie Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer, oder Hans-Christian Ströbele, die dagegen sind. Für den Sozialdemokraten Hartmann ist diese Skepsis bei den Grünen nicht nachvollziehbar: „Dass die Grünen so gespalten auftreten, halte ich für attitüdenhaft. Man kann nicht alles unter dem Deckmantel der Toleranz und Meinungsfreiheit akzeptieren.“

Auch in der Linkspartei gibt es Kontroversen. Als offizielle Position nannte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn es „gut und längst überfällig“, dass ein Verbotsverfahren nun offensichtlich in Gang komme. „Es ist ein deutliches Stopp-Zeichen für die Feinde der Demokratie“, sagte er. Der Linken-Innenpolitiker Jan Korte gab aber „grundsätzliche Bedenken“ zu Protokoll. „Durch ein Verbot bekomme ich nicht Rassismus aus den Köpfen heraus“, sagte er dem Tagesspiegel. Viel zu leicht könne ein Verbotsverfahren auch zu einem "Ablenkungsmanöver" werden, das die Diskussion um das Versagen von Sicherheitsbehörden - zuletzt sehr deutlich geworden beim NSU-Skandal - abwürgen solle. "Ein Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens wäre eine Katastrophe", sagte Korte. Genau dieses Ergebnis allerdings sei sehr wohl zu befürchten: "Für mich ist nicht belegt, dass die Politik diesmal besser vorbereitet ist als beim gescheiterten Versuch 2003."

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