Politik: NS-Zwangsarbeiter sollen zügig Geld bekommen - Opfer begrüßen Teilerfolg bei Verhandlungen
Das American Jewish Committee (AJC) in Deutschland ist mit den Fortschritten bei den zweitägigen Verhandlungen über die Entschädigungen für NS-Zwangsarbeiter sehr zufrieden. Der Verzicht der deutschen Seite auf die Anrechnung früherer staatlicher Leistungen sei ein "großer erster Schritt", sagte AJC-Direktorin Deidre Berger am Mittwoch.
Das American Jewish Committee (AJC) in Deutschland ist mit den Fortschritten bei den zweitägigen Verhandlungen über die Entschädigungen für NS-Zwangsarbeiter sehr zufrieden. Der Verzicht der deutschen Seite auf die Anrechnung früherer staatlicher Leistungen sei ein "großer erster Schritt", sagte AJC-Direktorin Deidre Berger am Mittwoch. Der Ausgang der Verhandlungen gebe auch Grund zu der Hoffnung, dass weitere strittige Punkte in der nächsten Runde am 17. und 18. Februar in Berlin schnell geklärt werden könnten, sagte Berger.
Bei den Gesprächen in Washington blieben mehrere Fragen strittig. Eine Einigung über die genaue Verteilung der aus Deutschland zugesagten zehn Milliarden Mark konnte nicht erzielt werden. Es werde noch harte Verhandlungen geben, sagte der Vertreter der deutschen Industrie bei den Gesprächen, Manfred Gertz. Anwälte der Opfer erklärten, einige der Teilnehmer an den Verhandlungen wollten zu viel Geld für andere Zwecke als für die Entschädigung der Zwangsarbeiter ausgeben. Unter anderem soll jeweils eine Milliarde Mark in einen "Zukunftsfonds" und in den Ausgleich von Vermögensschäden fließen.
Der Streit scheint die Auszahlung der Ausgleichszahlungen zu verzögern. Mit ersten Entschädigungszahlungen für ehemalige NS-Zwangsarbeiter ist nach den Worten des deutschen Sonderbeauftragten Otto Graf Lambsdorff erst ab Jahresende zu rechnen. Lambsdorff sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk, er rechne nicht damit, dass es vorher Zahlungen geben werde. Bislang hatte er einen Zahlungsbeginn ab Sommer in Aussicht gestellt.
Die deutsche Industrie will nach Aussage von Lambsdorff bis Ende April ihren Anteil am Entschädigungsfonds aufbringen. Der Präsident des Industrie- und Handelstages, Hans-Peter Stihl hatte zuvor das Auffüllen der restlichen Beträge in den Fonds der deutschen Wirtschaft bis Ende Juni angekündigt.
Trotz der Verzögerungen und der nach wie vor offenen Fragen herrscht bei den Vertretern der Opfer, aber auch bei der Bundesregierung überwiegend Optimismus. Der deutsche Opferanwalt Michael Witti äußerte - wie schon am Dienstag - Zufriedenheit über die Ergebnisse der zweitägigen Verhandlungen. Man habe in Washington sinnvolle Änderungen des ursprünglichen deutschen Gesetzentwurfes beschließen können, sagte er am Mittwoch im InfoRadio Berlin-Brandenburg. Der "Abzug von Vorleistungen sei nun endlich vom Tisch" und auch für die Abfindungserklärung, die die Zwangsarbeiter nach ihrer Entschädigung unterschreiben sollten, hätte man einen akzeptablen Wortlaut gefunden. Der immer noch bestehende Dissens über die Verteilung sei von vornherein absehbar gewesen. Er sei aber zuversichtlich, dass sich die Opfergruppen in den nächsten zwei bis drei Wochen über die Verteilung der Summe einigen könnten. Durch eine Nicht-Einigung seien hier keine Verzögerungen zu erwarten. Ebenso wie Lambsdorff geht Witti davon aus, dass "realistischerweise" Ende des Jahres erste Gelder an die ehemaligen Zwangsarbeiter fließen können.