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Spionieren? Auch in den USA gibt es Proteste gegen die Machtfülle des Geheimdienstes NSA.

© Reuters

NSA-Affäre: Amerika und Deutschland - zwei Welten

Amerika will die Macht der NSA ein wenig beschränken - im eigenen Land. Doch global werden der Spionage kaum Grenzen gesetzt. Deutschland muss sich deshalb entscheiden, wie groß die Distanz zu den USA werden darf - und was eine offene Demokratie verträgt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Die Entfernung zwischen Berlin und Washington ist in diesen Tagen groß - weit größer als die 6711,03 Kilometer, die geografisch zwischen den beiden Hauptstädten liegen. In der Nach-Snowden-Zeit teilt der Atlantik zwei Welten.

Im Deutschen Bundestag verlangen die Abgeordneten zu Recht Aufklärung darüber, wie tief der amerkanische Technologiegeheimdienst in das Verborgene deutscher Firmen, deutscher Redaktionen und deutscher Regierungsorgane eingedrungen ist. Die Empörung von Kiel bis Konstanz darüber, dass deutsche Stellen der NSA eine Carte blanche ausstellten, ist riesig. Und in Washington sitzt ein einsamer Senator aus Kentucky und verteidigt verbissen das Recht der NSA, im Zweifel auch die privaten Gespräche der Amerikaner zu archivieren. Ja, Mitch McConnell ist ein Relikt. Allerdings nicht in dem Sinn, in dem es sich die Aufklärer des Bundestages wünschten.

Vorratsdatenspeicherung auf Amerikanisch

Der republikanische Mehrheitsführer wird dennoch nicht verhindern können, dass nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat einem Gesetz zustimmt, mit dem der inneramerikanischen Vorratsdatenspeicherung Grenzen gesetzt werden. Selbst US-Präsident Barack Obama unterstützt die Beschränkung. Sie beschneidet die Tätigkeit der NSA und anderer Geheimdienste allerdings in Wahrheit nur marginal. McConnell ist im Grunde nur das letzte Hindernis für die Vereinigten Staaten, die Nach-Snowden-Ära hinter sich zu lassen.

Für die Amerikaner ist die Sache recht einfach. Zuhause muss dem Gestz zwar Genüge getan werden. Die technologische Aufklärung jedoch, die die NSA netzartig weltweit betreibt, ist schlichte Notwendigkeit. Seit dem 11. September 2001 bedarf es dafür keiner spezifischeren Begründung. Wenn die Deutschen nicht in der Lage sind, dies zu erkennen, bleiben die Bundesbürger aus Sicht der Amerikaner einer alten Welt verhaftet.

Auf Washington zugehen?

Amerika ist nicht bereit, uns auch nur einen Schritt auf jenen langen 6711,03 Kilometer entgegen zu kommen. Deutschland, der Bundestag und die Kanzlerin müssen jetzt entscheiden, wie weit wir in Richtung Washington zu gehen bereit sind. Welche Kompromisse wir zugunsten der Spionage einzugehen bereit sind. Aber auch, wieviel Distanz wir für erträglich halten als Preis einer offenen Demokratie.

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