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Das Operations-Center der NSA in Fort Meade.

© Reuters

NSA-Skandal: US-Bürgerrechtler fordern unabhängigen Untersuchungsausschuss

In den 1970er Jahren untersuchte das sogenannte Church Committee erfolgreich die Aktionen von CIA und FBI . Soll es jetzt vor dem Hintergrund der NSA-Spähprogramme eine Wiederauflage des Ausschusses geben?

Von Katrin Schulze

Manche Aussagen verlieren einfach nicht an Kraft oder Gültigkeit. „Ich weiß, dass es Kapazitäten gibt, in Amerika eine vollkommene Tyrannei herzustellen, und wir müssen dafür sorgen, dass der Geheimdienst und alle anderen Dienste mit Zugriff auf solche Technologien im Rahmen des Gesetzes und unter ordentlicher Kontrolle handeln, so dass wir niemals diesen Abgrund überqueren“, sagte US-Senator Frank Church. Das ist fast 40 Jahre her. Und doch klingt dieser Satz erstaunlich aktuell.

Die Enthüllungen um die umfangreichen Ausspähaktionen des Geheimdienstes NSA lassen die Angst vor der vollkommenen amerikanischen Tyrannei wieder erwachen – zunehmend auch in der amerikanischen Bevölkerung. Dort stellen sich inzwischen viele die Frage, wie die Schnüffeleien eingedämmt oder zumindest grundlegend untersucht werden können. Einige, darunter Daniel Ellsberg, der mit der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere die Täuschungen der USA im Vietnamkrieg offenbarte, bringen deshalb eine neue alte Instanz ins Gespräch: Sie fordern, dass das nach seinem Vorsitzenden Frank Church benannte „Church Committee“ wieder belebt wird.

Der Demokrat aus Idaho initiierte diesen Sonderausschuss in den Siebzigerjahren, um etwaiges illegales und verfassungswidriges Handeln von CIA und FBI zu untersuchen. Es ging um Mordaufträge (zum Beispiel im Fall Fidel Castro), Bürgerrechtsverstöße, geheime Forschungen und den gezielten Einsatz von Falschinformationen. Herausgekommen sind 50.000 Seiten und 14 Bände über die Praktiken der US-amerikanischen Geheimdienste. Aufgedeckt wurde dabei unter anderem ein Programm, mit dem das FBI linksgerichtete Organisationen gezielt überwacht und manipuliert hatte – wohl im Wissen von einigen Abgeordneten, wie die vielen Anhörungen des Church Committees ergaben.

Unter dem Schock der Ermittlungen kam der damalige Präsident Gerald Ford damals nicht umhin, eine Verordnung zu erlassen, die es allen Regierungsstellen und deren operierenden Organen untersagte, gezielt gegen ausländische Staatschefs vorzugehen. Aber auch im Inland hat der Ausschuss unter der Leitung von Church dazu beigetragen, dass „eine umfassendes Überwachung für Jahrzehnte gestoppt wurde“, heißt es von der Electronic Frontier Foundation. Die nichtstaatliche Organisation, die sich mit den Bürgerrechten im Cyberspace beschäftigt, setzt sich vor dem Hintergrund des NSA-Skandals für ein neues unabhängiges Gremium ein. Zwar existieren im Senat und Repräsentantenhaus die ständigen Ausschüsse zur Kontrolle der Nachrichtendienste, die sich 1976 als direkte Folge des Church Committees gründeten.

Die Unabhängigkeit und den Aufklärungswillen ihrer Mitglieder aber bezweifelt nicht nur Yochai Benkler, Jura-Professor an der Universität Harvard: „Mit wenigen Ausnahmen sitzen in diesen Ausschüssen Menschen, die dort besser nicht sitzen sollten. Leute, die eingenommen werden von den Geheimdiensten, über die sie eigentlich wachen sollten.“ Benkler glaubt, dass eine unabhängige Kontrollkommission für die Geheimdienste schon deshalb wichtig ist, um das Vertrauen der Amerikaner an die Sicherheit im eigenen Land wieder herzustellen. „Wir benötigen ein neues Church Committee, das die Methoden der NSA in der Ära nach 9/11 genau und aggressiv aufklärt“, sagt er. Dazu braucht es jedoch zunächst jemanden in der Politik, der daran Interesse hat und die Sache anstößt. Wie einst Frank Church.

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