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Heute ist Ernst Uhrlau Berater. Bis 2012 war er Präsident des BND, zuvor selbst Chef der Geheimdienstabteilung im Bundeskanzleramt. Offenbar verärgert darüber, dass das Kanzleramt von nichts gewusst haben will, teilte er im NSA-Untersuchungsausschuss aus. Das Kanzleramt sei 2008 sehr wohl und zwar bis in die Spitze über die grundsätzlichen Probleme in der Zusammenarbeit mit der NSA informiert gewesen.

© Christian Ditsch/dpa

Update

NSA-Spionageaffäre: De Maizière soll im Bilde gewesen sein

Im NSA-Untersuchungsausschuss schieben sich BND und Bundeskanzleramt gegenseitig den schwarzen Peter für die jüngste Geheimdienstaffäre zu. Ex-BND-Chef Ernst Uhrlau sagt: Das Kanzleramt war bis in die Spitze gut informiert. Der Umgang mit der Selektorenliste wirft einem Medienbericht zufolge neue Fragen auf.

Von Anna Sauerbrey

Das Schwarze-Peter-Spiel ist eröffnet. Am Donnerstag und Freitag wiesen sich Vertreter von Bundesnachrichtendienst (BND) und Bundeskanzleramt im NSA-Untersuchungsausschuss gegenseitig die Schuld dafür zu, dass die Spionageversuche der NSA im Rahmen ihrer Kooperation mit dem BND nicht früher unterbunden wurden.

Dabei ging es auch um die Frage, wann die ehemaligen Kanzleramtsleiter Frank-Walter Steinmeier (SPD, Kanzleramtschef von 1999-2005) und Thomas de Maizière (CDU, 2005-2009) davon wussten, dass der BND Suchbegriffe der NSA verwendet hatte, die sich auf europäische Institutionen und Unternehmen beziehen.

Ernst Uhrlau: Der Sachverhalt war bekannt

Auf die Frage, ob Thomas de Maizière in einem Gespräch im Januar 2008 von Vertretern des BND über die Probleme informiert worden sei, sagte Ernst Uhrlau, der von 2005 bis 2012 Präsident des BND war und heute pensioniert ist: "Der Sachverhalt war bekannt."

De Maizière hatte am 6. Mai nach einem Gespräch mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium gesagt: "Ich habe als Kanzleramtsminister im Jahr 2008 nichts erfahren von Suchbegriffen der US-Seite, Selektoren oder Ähnlichem zum Zwecke der Wirtschaftsspionage in Deutschland." Uhrlau sagte, ob von Wirtschaftsspionage die Rede gewesen sei, "sei einmal dahingestellt". Grundsätzlich aber sei der Minister informiert gewesen, er habe 2008 ja auch entschieden, die Kooperation nicht, wie von den USA gewünscht, auszuweiten. Auch de Maizières Vorgänger Steinmeier, unter dessen Ägide die Zusammenarbeit mit den Amerikanern begonnen hatte, dürfte in seiner Zeit stets "auf Ballhöhe gehalten worden sein", so Uhrlau.

Am Donnerstag ist Thomas de Maizière als Zeuge geladen

Am nächsten Donnerstag wird sich zumindest de Maizière selbst dazu äußern können: Er ist dann als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss geladen. Vor seiner Zeit als BND-Präsident war Uhrlau selbst Leiter der für die Geheimdienste verantwortlichen Abteilung VI im Kanzleramt. In dieser Position habe er von den Problemen nichts erfahren, betonte er. Auch mehrere Mitarbeiter des Kanzleramts hatten am Donnerstag beteuert, erst in diesem Jahr aus der Presse von den strittigen Suchbegriffen erfahren zu haben. In Grundzügen sei er zwar informiert gewesen, sagte ein Gruppenleite. Er habe die Brisanz aber verkannt und sei nicht vom BND darauf aufmerksam gemacht worden.

Gutachten hält Pläne der Bundesregierung offenbar für rechtswidrig

Nach Informationen des "Spiegel“ wäre das in der Bundesregierung diskutierte Vorhaben, die sogenannten NSA-Selektoren einem Ermittlungsbeauftragten, nicht aber dem NSA-Untersuchungsausschuss vorzulegen, rechtswidrig. Zu diesem Schluss kommt demnach ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. So sei es unzulässig, einen Ermittlungsbeauftragten Akten sichten zu lassen und sie gleichzeitig einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu verweigern. Das gelte auch für geheimhaltungsbedürftige Akten. Ein Ermittlungsbeauftragter sei lediglich Hilfsperson des Parlaments, eine solche Hilfsperson könne nicht mehr Rechte haben als der Ausschuss selbst, heißt es dem Bericht zufolge in dem Gutachten.

Kanzleramt will Liste nur mit Zustimmung der USA übergeben

Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll dem US-Geheimdienst NSA über Jahre geholfen haben, europäische Firmen und Politiker auszuspähen. Dazu lieferte die NSA dem BND Zehntausende Suchkriterien, sogenannte Selektoren. Die zuständigen Bundestagsgremien wollen diese Liste einsehen, das Kanzleramt will sie dem Bundestag aber nur mit Zustimmung der USA übergeben. Der Konsultationsprozess dazu läuft. (mit dpa)

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