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Die Angeklagte Beate Zschäpe im Gerichtssaal neben ihrem Anwalt Mathias Grasel

© dpa/Peter Kneffel

Update

NSU-Prozess in München: Zschäpe-Verteidiger: NSU-Ankläger arbeiten "einseitig" und "fehlerhaft"

Harte Kritik der Verteidigung: Im NSU-Prozess beginnen die Anwälte von Beate Zschäpe ihre Plädoyers. Sie machen der Bundesanwaltschaft schwere Vorwürfe.

Von Frank Jansen

Mit harter Kritik an der Bundesanwaltschaft haben im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München die Plädoyers der Anwälte von Beate Zschäpe (43) begonnen. Wahlverteidiger Hermann Borchert sprach am Dienstag als erster und hielt den Anklägern vor, sie hätten in ihrem Plädoyer eine „bewusst einseitige“ und „fehlerhafte Beweiswürdigung“ vorgenommen.

Die Bundesanwaltschaft argumentiere, „mit der offensichtlichen Absicht, sämtliche Indizien so auszulegen, dass sie in das von der Anklage gezeichnete Bild passen“. Die Beweiswürdigungen reichten „weder im Einzelnen noch im Ganzen“ aus, den Vorwurf der Mittäterschaft bei den Taten von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos als erfüllt anzusehen, sagte Borchert.

Die Bundesanwaltschaft hält die Hauptangeklagten für schuldig, Mitglied der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ und Mittäterin bei den zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und den 15 Raubüberfällen der Terrorzelle gewesen zu sein. Zschäpe war im Januar 1998 mit Böhnhardt und Mundlos untergetaucht, im November 2011 zündete sie nach der Selbsttötung der beiden Männer die gemeinsame Wohnung in Zwickau an. Vier Tage später stellte sie sich in Jena der Polizei.

Bundesanwalt Herbert Diemer forderte in seinem Plädoyer im September 2017 für die Hauptangeklagte lebenslange Haft, verbunden mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, sowie Sicherungsverwahrung. Damit könnte Zschäpe nicht nach 15 Jahren auf Bewährung freikommen.

Zschäpe selbst verschickt das Bekennervideo

Für Borchert ist nicht ersichtlich, dass Böhnhardt und Mundlos, wie die Bundesanwaltschaft sagt, einen Plan hatten, mit rassistischen Anschlägen Türken vom Betreten Deutschlands abzuschrecken und die hier lebenden Türken dazu zu bringen, die Bundesrepublik zu verlassen. „Wie können ausländische Bürger bewegt werden, nicht einzureisen oder zu gehen, wenn diese ausländischen Bürger gar nicht wissen, wer diese Taten begangen hat und und warum sie begangen wurden“, fragte der Verteidiger in Richtung Ankläger.

Die Bekennung des NSU zu den Anschlägen auf türkische Migranten war erst nach dem Ende der Terrorzelle bekannt geworden. Zschäpe hatte die DVD mit der Selbstbezichtigung kurz vor ihrer Festnahme an mehrere Adressen verschickt.

Borchert und sein Kollege Mathias Grasel sollen ihr Plädoyer diese Woche zuende bringen. Die drei weiteren Verteidiger Zschäpes, die mit der Mandantin zerstritten sind, wollen nach einer Woche Pause dann ihr eigenes Plädoyer vortragen. Dann sollen die Schlussvorträge der Anwälte der Angeklagten Ralf Wohlleben, Carsten S., Holger G. und André E. folgen. Wann der bald fünf Jahre dauernde Prozess mit einem Urteil endet, ist offen.

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