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Die Angeklagte Beate Zschäpe und ihre Anwälte, deren Plädoyers heute eigentlich erwartet wurden.

© Matthias Schrader/AP POOL/dpa

NSU-Prozess: Richter Götzl wirft Wohllebens Verteidigern Prozessverschleppung vor

Richter Götzl ist mit seiner Geduld am Ende: Die Anträge der Wohlleben-Verteidiger seien ohne argumentative Grundlage. Die wehren sich mit einem Befangenheitsantrag.

Von Frank Jansen

Dem Vorsitzenden Richter reicht es jetzt. Die Anträge der Verteidiger seien „zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt worden“, die behaupteten Tatsachen seien „aufs Geradewohl ins Blaue“ formuliert und „ohne argumentative Grundlage“, sagt Manfred Götzl. So drastisch wie am Dienstag hat er nie zuvor den konfliktfreudigen Anwälten des Angeklagten Ralf Wohlleben ihre Papiere um die Ohren gehauen. Am 414. Verhandlungstag im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München ist die  bislang unermesslich scheinende Geduld des Richters und seiner Kollegen im 6. Strafsenat erschöpft.

Wohllebens Verteidiger blockieren seit Januar mit fragwürdigen Beweisanträgen den Fortgang der Plädoyers. Obwohl die Beweisaufnahme im NSU-Prozess schon vor mehr als einem halben Jahr beendet wurde und die Schlussvorträge der Anwälte aller fünf Angeklagten anstehen. Die Verteidiger versuchen, ihren Mandanten zu entlasten, indem sie die Beschaffung der Mordwaffe Ceska 83 für den NSU anderen Neonazis anhängen. Die Bundesanwaltschaft wirft Wohlleben vor, gemeinsam mit dem Angeklagten Carsten S. die Pistole besorgt zu haben, mit der die Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen.

Doch das grundsätzlich legitime Engagement der Anwälte, Wohlleben vor einer harten Strafe zu bewahren, erschöpft sich nun in schlecht begründeten Anträgen, die vor allem eines bewirken: sie kosten Zeit. Was die Verteidiger bezwecken, bleibt unklar. Fragen der Medien beantworten die szenenahen Anwälte prinzipiell nicht.

In den Anträgen wird behauptet, der Thüringer Skinhead Sven R. habe mit Hilfe eines weiteren Rechten, Jug P., die Ceska 83 besorgt und an Böhnhardt weitergereicht. Wohllebens Anwälte wollen, dass Sven R. und Jug P. im Prozess als Zeugen aussagen. Abgesehen davon, dass R. und P. kaum geneigt sein dürften, sich selbst zu belasten, ist den Beweisanträgen auch nicht zu entnehmen, dass die beiden speziell mit der Mordwaffe des NSU zu tun hatten.

Außerdem hat Carsten S. schon im Juni 2013, wenige Wochen nach Beginn des Prozesses, in einem umfangreichen Geständnis zugegeben, im Frühjahr 2000 die Ceska 83 mit Schalldämpfer und Munition in Jena gekauft und in Chemnitz an Böhnhardt und Mundlos weitergereicht zu haben. Carsten S. belastete zudem Wohlleben. Er soll den Waffendeal eingefädelt, die Pistole auch selbst in der Hand gehalten und den Schalldämpfer aufgeschraubt haben. Wohlleben selbst hat in seiner Einlassung im Dezember 2015 gesagt, er habe auf eine Pistole einen Schalldämpfer geschraubt, mit der Carsten S. bei ihm „plötzlich“ vorbeigekommen sei.

Trotz der verbalen Dresche von Götzl geben Wohllebens Verteidiger nicht auf. Dienstagmittag kündigen sie an, diesen Mittwoch einen Befangenheitsantrag gegen die Richter zu stellen. Damit verzögert sich der Beginn der für diese Woche geplanten Plädoyers der Verteidiger von Beate Zschäpe weiter. Womöglich kommt es dazu erst nach der Osterpause.

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