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Das kleine braune Holzkreuz im linken Bildrand über der Tür sorgt für Aufregung.

© dpa

Update

NSU-Prozess: Türkischer Politiker kritisiert Kruzifix im Gerichtssaal

Ein kleines, braunes Holzkreuz beim Prozess gegen Beate Zschäpe hat einen türkischen Parlamentarier empört. Doch die Forderung, es abzuhängen weisen vor allem Kirchenvertreter und Unionspolitiker zurück. Auch die FDP hält die Forderung für überzogen.

Für die meisten Angehörigen der NSU-Opfer ist es, so sagt die Ombudsfrau der Bundesregierung, Barbara John, kein Thema. Aber nicht auszuschließen sei, dass es möglicherweise noch einen Antrag aus den Reihen der Nebenkläger gibt. Es geht um ein braunes Holzkreuz im Saal des Oberlandesgerichts München. Dort wird der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier Mitangeklagten der Prozess gemacht.

Der türkische Parlamentsabgeordnete Mahmut Tanal hat seine Forderung nach einer Entfernung des Kruzifixes aus dem Münchner Gerichtsaal während des NSU-Prozesses erneuert. Religiöse Symbole hätten in Gerichtssälen wie dem in München nichts zu suchen, sagte Tanal, ein Politiker der säkularistischen Oppositionspartei CHP, nach Medienberichten vom Donnerstag in Ankara. Schließlich handele es sich beim Oberlandesgericht in München nicht um ein religiöses Tribunal.

Nach seiner Rückkehr in die Türkei kritisierte Tanal zudem die Behandlung der türkischen Politiker bei der Gerichtsverhandlung. Während in Ankara für europäische Politiker der rote Teppich ausgerollt werde, habe er in München als Parlamentsabgeordneter mehr als zwei Stunden Schlange stehen müssen, um in den Verhandlungssaal zu kommen, sagte er.

Dagegen gibt es nun breiten Widerstand. Der CSU-Abgeordnete Norbert Geis sagte dem Tagesspiegel: "Das Kreuz gehört zu unserer Kultur und es hängt schon lange in dem Saal, deshalb sollte es auch dort bleiben." Man sollte aus der Forderung eines türkischen Parlamentariers keine große Debatte machen, sondern vernünftig damit umgehen. "Es geht um gegenseitigen Respekt und hier kann ich von meinem türkischen Parlamentskollegen etwas mehr Toleranz erwarten", sagte Geis weiter.

Auch Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) verteidigte die Kruzifixe in bayerischen Gerichtssälen dagegen als „Bekenntnis zu den christlich geprägten Grundwerten unserer Gesellschaft und unseres Rechts“.

Merk erklärte zum Kruzifix-Streit, das christliche Symbol verletzte nicht die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität. Ob im NSU-Prozess das Kreuz dennoch abgenommen werden muss, weil ein Prozessbeteiligter dies verlange, ließ Merk offen.

Der frühere frühere bayerische Ministerpräsident, Günther Beckstein (CSU) sieht keine Notwendigkeit, das Kreuz im Verhandlungssaal abzunehmen. Eine Bedrohung für Nichtchristen durch das Kreuz sei für ihn nicht erkennbar. "Deutschland hat eine christliche Prägung, während in der Türkei die muslimische Tradition wichtig ist", sagte er der Nachrichtenagentur epd und fügte hinzu, die NSU-Mordopfer hätten alle in Deutschland gelebt. Bei der Verhandlung gelte deutsches Recht. In einem christlich geprägten Land wie Deutschland sei es wichtig, deutlich zu machen, dass Gott über dem Menschen stehe, sagte Beckstein, der auch Vize-Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

In der FDP halten sie die Äußerungen Tanals für überzogen. "Die Forderung, das Kreuz abzunehmen ist übertrieben und wenig hilfreich", sagte Serkan Tören, FDP-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages, dem Tagesspiegel. Allerdings schränkte er ein: "Wenn es aus den Reihen der Nebenkläger einen Antrag und die Forderung gibt, das Kreuz abzunehmen, dann sollte das Gericht dem nachkommen." CDU-Fraktionsvize Günter Krings ist gegen ein Entfernen des Kreuzes. "Es symbolisiert Nächstenliebe und Toleranz und ist Ausdruck unserer christlich-abendländischen Wurzeln. Es ist gut und richtig, auch im Gericht daran erinnert zu werden."

Eine eindeutige Regelung, wie mit Kreuzen in Gerichten umzugehen ist, gibt es nicht. In einem Urteil des Landgerichts Saarbrücken aus dem Jahr 2001, heißt es, das christliche Symbol müsse entfernt werden, wenn ein Betroffener damit sein Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit verletzt sieht. Folgt man diesem Urteil wäre das OLG wohl tatsächlich in Zugzwang, wenn aus den Reihen der rund 70 Nebenkläger die Forderung nach einem Entfernen des Kreuzes erhoben und offiziell eingereicht würde.

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