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Die Angeklagte Zschäpe (Mitte) mit zwei ihrer Pflichtverteidiger.

© dpa

NSU-Prozess: Zeuge erscheint nicht - schon zum zweiten Mal

Er sollte über die Vorgeschichte der NSU-Gruppe aussagen - doch der Zeuge erschien nicht. Er steuerte statt dessen eine Gastwirtschaft an. Nun droht die Zwangsvorführung.

Von Frank Jansen

Mit einer skurrilen Begründung ist ein Zeuge im NSU-Prozess seiner Ladung vor Gericht nicht nachgekommen: Er sei zwar zunächst in einen Zug nach München gestiegen, habe dann aber „etwas
trinken müssen“ und sich eine Wirtschaft gesucht. So habe es der Zeuge am Telefon der Geschäftsstelle des Münchner Oberlandesgerichts mitgeteilt, sagte Richter Manfred Götzl zu Beginn der Verhandlung am Mittwoch. Bundesanwalt Herbert Diemer erklärte, der Zeuge müsse jetzt zwangsweise vorgeführt werden. Die Verhandlung wurde unterbrochen und soll am Mittag mit der Vernehmung eines mutmaßlichen Unterstützers
des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) fortgesetzt werden.

Mitglied einer Jugendbande

Der fehlende Zeuge war schon zu einem früheren Verhandlungstermin ohne Entschuldigung nicht erschienen. Er gehörte in den 90er Jahren derselben Jugendbande an, in der auch der nicht mehr lebende mutmaßliche NSU-Terrorist Uwe Böhnhardt Mitglied war. In einer Polizeivernehmung hatte der Zeuge einen weiteren Böhnhardt-Freund mit einem bis heute ungelösten Kindermord in Jena in Verbindung gebracht.

Der zweite Zeuge, der für Mittwoch geladen ist, soll in die Flucht des NSU-Trios in den Untergrund 1998 verwickelt sein. Den Ermittlungen zufolge hatte er ein Auto aus Dresden geholt, das dem als Helfer mitangeklagten Ralf Wohlleben gehörte. Wohlleben soll dem NSU-Trio das Auto geliehen haben.

Zschäpe setzt sich nicht durch

Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe muss im NSU-Prozess weiterhin mit ihren drei Pflichtverteidigern auskommen. Die Angeklagte habe keine „konkreten und hinreichenden Anhaltspunkte“ für eine Störung des Vertrauensverhältnisses genannt, sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats, Manfred Götzl. Der Satz  ist Teil einer Verfügung des Senats vom Montag, die Götzl nun vortrug. Zschäpe hatte, wie berichtet, am vergangenen Mittwoch in einer Verhandlungspause einem Polizisten mitgeteilt, sie habe kein Vertrauen mehr in ihre Anwälte Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl. Der Beamte unterrichtete dann Götzl, der die Verhandlung für den Rest der Woche aussetzte. Ob Zschäpe sich mit ihren Verteidigern wieder zusammengerauft hat, bleibt allerdings offen. Als Götzl  am Dienstag fragte, ob Zschäpe eine Erklärung abgeben wolle, deutete sie nur ein Kopfschütteln an. Auch Heer, Sturm und Stahl äußerten sich nicht. Im Laufe der weiteren Verhandlung fiel auf, dass Zschäpe im Saal fast nur mit Stahl sprach, auch das eher kurz. Außerdem rückte sie ihren Stuhl nach hinten und saß dann länger im Rücken der Verteidiger. (mit dpa)

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