Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Sebastian Edathy, hat ein verheerendes Zwischenfazit über die Arbeit der Sicherheitsbehörden gezogen. Man habe es mit einem „beispiellosen Versagen“ zu tun, „einem beschämenden Versagen mit ganz verschiedenen Ursachen“, sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin. Darauf, dass das Treiben des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) von staatlichen Stellen gedeckt oder sogar unterstützt worden sei, gebe es jedoch keine Hinweise.
Der Ausschuss hatte vor gut einem Jahr seine Untersuchungen aufgenommen. Edathy bemängelte nun, die Behörden hätten in einem „völlig unzureichenden Maße“ Informationen ausgetauscht und „defizitär“ zusammengearbeitet. Außerdem warf er den Ermittlern vor, die zunehmende Bedrohung durch den Rechtsextremismus unterschätzt und nicht ergebnisoffen und unvoreingenommen ermittelt zu haben.
Während der Sitzung am Montag berichtete Edathy von einer Zeugenbefragung vor knapp einem Monat über die Aktenvernichtung im Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln im November 2011. Edathy sagte, es sei nicht zu klären, ob die Akten aus „purer Blödheit“ oder mit der Absicht vernichtet worden seien, etwas zu vertuschen. „Das wird offen bleiben müssen.“
Der Ausschuss befasst sich seit mehr als einem Jahr mit den Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU und verschiedenen Ermittlungspannen. Dem NSU werden zwischen 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt. Erst im November 2011 flog die Bande auf. Derzeit müssen sich fünf Angeklagte vor dem Münchner Oberlandesgericht für die Taten verantworten.
Im Sommer wollen die Bundestagsfraktionen einen gemeinsamen Abschlussbericht vorlegen. „Wir werden versuchen, uns auf gemeinsame Vorschläge zu verständigen, soweit das möglich ist zwischen den fünf Fraktionen“, sagte Edathy.
FDP-Obmann Hartfrid Wolff forderte, die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses auch in der nächsten Legislaturperiode fortzuführen. „Wir haben viele Komplexe nicht abarbeiten können“, sagte der FDP-Politiker. Viele Fragen seien noch offen. (dpa)
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