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US-Präsident Donald Trump ist gegen den Atomdeal mit dem Iran.

© AFP

Nuklearabkommen mit Iran: Trump wirft Teheran Verstöße gegen Atomdeal vor

In spätestens einer Woche muss der US-Präsident dem Kongress darlegen, ob Teheran sich an die Regeln hält. Die Zukunft des Abkommens steht auf dem Spiel.

Ein miserabler Deal und peinlich für die Weltmacht USA: Präsident Donald Trump macht keinen Hehl aus seiner Ablehnung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Jetzt will Trump dem Iran offiziell Vertragsverletzungen vorwerfen – schreckt aber Medienberichten zufolge davor zurück, den Ausstieg Amerikas aus der Vereinbarung zu verkünden.

Alle Augen richten sich deshalb auf den Kongress in Washington, der wahrscheinlich schon bald über das Schicksal des Abkommens entscheiden muss. Die europäischen Partner der USA befürchten neben dem Streit mit Nordkorea eine neue nukleare Eskalation und tun alles, um einen Kollaps des Iran-Vertrages zu verhindern.

Die Sorgen sind berechtigt. Der US-Präsident hält nicht viel von Verhandlungen mit Regimen, die trotz internationalem Druck nach Atomwaffen streben. Gegen Nordkorea etwa „wird nur eine Sache funktionieren“, schrieb er am Samstag auf Twitter – offenbar eine Anspielung auf eine militärische Konfrontation. Zuvor hatte er über eine „Ruhe vor dem Sturm“ gesprochen, ohne zu erläutern, was er damit meinte.

Neue Drohungen auch gegen Nordkorea

Bis zum kommenden Sonntag muss die Trump-Regierung dem Kongress einen Bericht zur Frage vorlegen, ob der Iran sich an die Vorschriften des 2015 geschlossenen Vertrages hält, der die Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern soll. Die meisten Experten und die UN bescheinigen den Iranern vertragstreues Verhalten, doch Trump und Hardliner in seiner Regierung wie UN-Botschafterin Nikki Haley argumentieren, die Vereinbarung habe weder das aggressive Verhalten Irans im Nahen Osten noch iranische Raketentests unterbunden.

In einer Rede vor dem Stichtag will Trump Medienberichten zufolge deshalb in den kommenden Tagen seine Haltung zum Iran-Deal darlegen. Einigen Meldungen zufolge will er unter anderem die iranischen Revolutionsgarden zur Terrororganisation erklären. Beim Atomvertrag will der Präsident erreichen, dass die Vereinbarung um zusätzliche Auflagen für die Iraner erweitert wird und dass zeitliche Begrenzungen der UN-Inspektionen im Iran gestrichen werden. Dies lehnt der Iran ab, weshalb die Zukunft des Abkommens auf der Kippe steht.

Regierungsmitglieder warnen davor, Vertrag zu kündigen

Sobald Tump dem Iran offiziell die Verletzung des Vertrages vorwirft, hat der US-Kongress zwei Monate Zeit, um über die Wiedereinführung von Sanktionen gegen Teheran zu entscheiden. Hier setzt die Überzeugungsarbeit der Europäer an, die den Vertrag erhalten wollen. Sie suchen das Gespräch mit einflussreichen Senatoren von Trumps Republikanern, die im Senat eine Mehrheit von nur zwei Stimmen haben: Nur wenige Abweichler könnten neue Sanktionen und damit einen Kollaps der Vereinbarung verhindern, da die oppositionellen Demokraten für den Fortbestand des Vertrages sind.

Rückenwind erhalten Deutsche, Franzosen und Briten durch die Tatsache, dass wichtige Mitglieder der Trump-Regierung ebenfalls vor einem Ende des Atomdeals warnen. Verteidigungsminister James Mattis betonte kürzlich vor dem Senat, die Vereinbarung mit dem Iran liege im amerikanischen Interesse. Auch Außenminister Rex Tillerson und Generalstabschef Joe Dunford sind überzeugt, dass sich die USA selbst isolieren, wenn sie sich gegen die europäischen Verbündeten stellen. Die Meinung von Mattis, Tillerson und Dunford könnte den ein oder anderen Senator nachdenklich machen.

Wie so häufig in der Trump-Regierung ist allerdings nicht klar, ob die Unterstützer des Vertrags auch beim Präsidenten selbst Gehör finden: „Voraussagen sind schwierig“, sagte der Nahost-Experte David Mednicoff von der Universität Massachusetts unserer Zeitung. Es gebe viele Politiker in Washington, die den Iran-Deal erhalten wollten, weil er nach vorherrschender Meinung funktioniere und weil er durch den Abbau der Sanktionen auch amerikanischen Firmen neue Möglichkeiten im Iran eröffnet habe. Doch Trump liebe es nun einmal, seinem Bauchgefühl zu folgen.

Mullahs angeblich zu Verhandlungen bereit

Im Wahlkampf hatte Trump versprochen, das Iran-Abkommen aufzukündigen. Wenn er nun dem Kongress eine negative Bewertung des iranischen Verhaltens übermittelt, setzt er ein Zeichen für seine Anhänger, schiebt aber die Verantwortung für das weitere Vorgehen dem Kongress zu: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, kommentierte der „Washington Post“-Kolumnist David Ignatius.

Sollten die USA neue Sanktionen verhängen, dürften Iraner, Europäer, Russen und Chinesen ohne die Amerikaner weitermachen wie bisher - Washington wäre außen vor, der Iran hätte die westlichen Bündnispartner entzweit. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron schlägt deshalb vor, den Iran-Vertrag unangetastet zu lassen, aber über die amerikanischen Sorgen wegen der Teheraner Einmischung in diverse Konflikte im Nahen Osten und wegen des iranischen Raketenprogramms zu sprechen. In dieser Richtung könnte ein Ausweg liegen, sagt auch Nahost-Fachmann Mednicoff.

Die Regierung in Teheran soll inzwischen ihre Bereitschaft angedeutet haben, über das Raketenprogramm des Landes zu reden, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete. Ob sich daraus ein neuer Verhandlungsprozess entwickelt, der das Atomabkommen intakt lässt, wird vom Kongress abhängen. Offen ist auch, ob Trump über seine Kritik an den Iranern hinaus ein Konzept für den Umgang mit Teheran hat. Europäische Diplomaten sind da nicht so sicher. „Haben die USA eine Strategie dafür?“ fragte ein hochrangiger europäischer Regierungsvertreter im Gespräch mit der „Washington Post“ vor einigen Tagen. „Vielleicht haben sie eine. Ich weiß es nicht.“

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