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Politik: Nur nach vorne schauen

"Eine sehr bittere Stunde", sagt Laurenz Meyer. Das Gesicht des CDU-Generalsekretärs passt ausgezeichnet zu seinen Worten.

Von Robert Birnbaum

"Eine sehr bittere Stunde", sagt Laurenz Meyer. Das Gesicht des CDU-Generalsekretärs passt ausgezeichnet zu seinen Worten. Seit Tagen hat die Bundes-CDU diese bittere Stunde vorausgesehen. Seit Tagen verbreiten ihre Spitzenleute in Hinterstuben das immer gleiche Mantra, das jetzt, wo es so weit ist, Angela Merkel auch öffentlich vorträgt: "Diese Wahl hat bundespolitisch keine Auswirkungen." Und: "Ich sehe unseren Zeitplan, unsere Strategie überhaupt nicht in Frage gestellt."

Zum Thema Ergebnisse I: Stimmenanteile und Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus Ergebnisse II: Direktmandate im Abgeordnetenhaus Ergebnisse III: Ergebnisse nach Regionen (Abgeordnetenhaus und BVV) WahlStreet.de: Die Bilanz Dass Berlin für die Christdemokraten vorerst verloren ist, haben sie im Konrad-Adenauer-Haus wie in der Bundestagsfraktion vorher gewusst. Lange bevor die ersten Prognosen am Sonntagnachmittag das zeigen, was ein CDU-Mann dann am Abend im Foyer des Konrad-Adenauer-Hauses ein "Massaker" nennt. Aber das ist in der Bundesspitze bereits abgehakt. Da geht es längst um den Tag danach, die Woche danach, die Monate danach. Denn jeder weiß: Die relative Funkstille, die sich die Unionsparteien als Minimum an Solidarität mit den Berliner Parteifreunden selbst auferlegt hatten, endet jetzt.

"Das hat selbst Kohl nicht geschafft"

Es hat infolgedessen schon seine innere Logik, dass sich an diesem Abend all jene zu Wort melden, die eine Kanzlerkandidatendebatte unbedingt auch weiterhin vermeiden wollen. Weil es nämlich nach Lage der Dinge unvermeidlich eine Debatte würde, die Merkels ohnehin schwierige Lage nicht verbessern würde. So erklärt denn zum Beispiel Bernhard Vogel, der Ministerpräsident von Thüringen, er sehe in dem Berliner Ergebnis keine Konsequenzen für Merkel. Eine Gruppe von 33 Abgeordneten, darunter die Ex-Generalsekretäre Polenz und Hintze, geben ihre Unterstützung gar per offenem Brief zu Protokoll: "Es ist ein Gebot der Klugheit, die Kanzlerkandidatenfrage zu Beginn des Jahres 2002 zu entscheiden." Und Meyer sagt: "Die Leute sollen doch endlich aufhören, durcheinander zu quatschen." Was die von Meyer ins Auge gefassten Leute an diesem Abend allerdings gar nicht taten: Die üblichen Verdächtigen schwiegen einfach.

Meyers Mahnung war aber vor allem als Hinweis für den Montag gemeint, wenn die CDU-Spitze am Morgen hier im Adenauer-Haus über den Wahlausgang berät. Nötig wäre er wahrscheinlich gar nicht. Denn der Putsch, den noch vor Monaten der eine oder andere an diesem Termin immerhin für möglich gehalten hat - der Putsch findet nicht statt. Denn, sagen maßgebliche Leute in der Partei: Erstens wäre es schwierig zu vermitteln, Merkel ausgerechnet für dieses Wahlergebnis zur Verantwortung zu ziehen. Dass sie einen anderen Kandidaten wollte und einen früheren Termin, ist bekannt. Dass sie beides gegen die Berliner nicht hat durchsetzen können - so etwas, sagt Generalsekretär Meyer, habe selbst Helmut Kohl nie geschafft.

Vor allem aber fehlt es selbst unter den Merkel-Gegnern dem Putsch am Anführer, am Weg und am Ziel. Trotzdem steigt die Nervosität. Kein Zufall schließlich, dass an diesem Wahlabend die K-Frage eben doch im Mittelpunkt steht. Merkels eigentlichen Kommentar zu diesem Thema gibt, indirekt, ihr General Meyer. Alle, die da kluge Ratschläge geben wollten, sollten wissen, dass CDU und CSU bei der Bundestagswahl nur gemeinsam siegen könnten, sagt der Westfale. "Wer das nicht tut, wird sich mit Auseinandersetzungen anfreunden müssen."

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