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Politik: Nur noch zivil

Das „Aus“ für den Wehrdienst scheint besiegelt zu sein. Doch bisher fehlt der Ersatz für den Zivildienst

Von Hans Monath

Eigentlich will sich die SPD im koalitionsinternen Streit mit den Grünen über die Zukunft der Wehrpflicht Zeit lassen, gründlich nachdenken und dann entscheiden. Doch weil Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) beim Militär weiter sparen will, entbrannte zu Anfang des Jahres eine neue Debatte über die Zukunft von Wehr- und Zivildienst. Grünen-Chefin Angelika Beer nutzte die Gelegenheit, den Druck zu erhöhen, und forderte eine „politische Vernunftentscheidung“ für den Ausstieg noch in diesem Jahr.

Auslöser der jüngsten Diskussion ist die Kommission zur Zukunft des Zivildienstes, die nach acht Monaten Arbeit am Donnerstag ihre Ergebnisse vorlegt. Zwar weist das zuständige Familienministerium darauf hin, dass das Gremium nur Handlungsoptionen prüfe und keine Entscheidung treffe. Auch sei eine Verkürzung des Zivildienstes um einen auf neun Monate von Herbst an keineswegs beschlossene Sache. Der Abschlussbericht empfiehlt tatsächlich auch keine konkreten Eckpunkte. Trotzdem bereiten sich die Sozialverbände bereits jetzt auf ein Ende der allgemeinen Dienstpflicht im Jahr 2008 vor und rechnen damit, dass ihnen die jungen Männer bald nur noch für jeweils neun Monate zur Verfügung stehen.

Politisch brisant wird die Debatte auch durch eine besondere Konstellation: Zwar wäre jede verantwortlich handelnde Familienministerin gut beraten, für einen möglichen Wegfall der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes Vorsorge zu treffen. Weil sich aber Renate Schmidt als Privatperson offen gegen die Wehrpflicht ausspricht, wirkt die Vorsorgeplanung ihres Hauses schon wie eine Vorentscheidung. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz wies prompt darauf hin, dass seine Partei erst im Lauf des Jahres grundsätzlich entscheiden wolle. Die Grünen tun indes so, als sei alles schon gelaufen. Parteichefin Angelika Beer nahm ausdrücklich auf Renate Schmidt Bezug, als sie am Montag konstatierte, auch innerhalb der SPD gebe es bereits „eine Vielzahl von Argumenten“ für den Schritt, die Wehrpflicht abzuschaffen.

Die Zivildienst-Kommission mit dem Titel „Impulse für die Zivilgesellschaft“ empfiehlt einen langfristigen Strukturwandel vom Zivildienst zu Freiwilligendiensten für den Fall, dass die Wehrplicht fällt. Auch Ministerin Schmidt plädiert dafür, freiwillige Dienste attraktiver zu machen. Die Vorsitzende des Bundestags-Familienausschusses, Kerstin Griese (SPD), warb am Montag im „Deutschlandfunk“ ebenfalls für die Stärkung des freiwilligen sozialen Engagements.

Viele Wohlfahrtsverbände fürchten, dass nach einer Entscheidung die Übergangszeit zum Aufbau neuer Strukturen zu kurz ausfällt. Obwohl sich viele Vertreter kirchlicher und sozialer Verbände schon auf ein Ende der Wehrpflicht einstellen – öffentlich äußert sich bisher kaum einer zustimmend zum drohenden Aus für den Zivildienst. Eine Ausnahme macht der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber, der sich für die Abschaffung der Wehrpflicht aussprach und dafür warb, „konstruktiv“ mit dem Wegfall des Zivildienstes umzugehen. Diese Möglichkeit sei ein Anlass, „den freiwilligen Einsatz für das Gemeinwesen zu aktivieren“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Dagegen ist die katholische Kirche beim Thema Wehrpflicht nach den Worten des Leiters des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, „noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen“.

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