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Politik: Nur Sachsen hält sich an den Solidarpakt Stolpe und der DGB ermahnen die Ost-Länder Berlin gibt nicht einen Euro für Investitionen aus

Berlin - Die ostdeutschen Länder stopfen mit den Solidarpaktmitteln Haushaltslöcher – und erfüllen deshalb den Solidarpakt nicht. Einzig Sachsen wird den Vorgaben gerecht.

Von Matthias Meisner

Berlin - Die ostdeutschen Länder stopfen mit den Solidarpaktmitteln Haushaltslöcher – und erfüllen deshalb den Solidarpakt nicht. Einzig Sachsen wird den Vorgaben gerecht. DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer sagte am Dienstag in Berlin, um „populistischen Diskussionen“ aus dem Westen keinen Vorschub zu leisten, müssten die Ost-Länder die Investitionsausgaben „dringend“ steigern. Zuvor hatte bereits der für den Aufbau Ost zuständige Bundesminister Manfred Stolpe (SPD) die Länder ermahnt, „ihre Pläne zur Reduzierung der konsumptiven Ausgaben konsequent umzusetzen, um den finanziellen Spielraum für die notwendigen Investitionen zu vergrößern“. Er gab allerdings zu, dass Ursache für das Vorgehen der Bundesländer „vor allem die noch immer schwierige konjunkturelle Lage“ sei.

Alle ostdeutschen Bundesländer bis auf Sachsen haben in ihren Fortschrittsberichten zugeben müssen, nur einen Bruchteil der Solidarpakt-Mittel für Investitionen eingesetzt zu haben. Am schlechtesten steht Sachsen-Anhalt da, das nach eigenen Angaben nur 13,4 Prozent der Gelder investiv verwendet, zusammen mit Mitteln zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft und für sonstige teilungsbedingte Lasten werden nur 56 Prozent sachgerecht ausgegeben. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen liegen demnach im Mittelfeld.

Experten halten selbst diese Zahlen aus den Ländern für zu hoch. Teilweise hätten die Länder „gemauschelt“, sagte Joachim Ragnitz vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) dem Tagesspiegel. Aktuelle Zahlen, wie der Bund die Lage sieht, werden in Berlin bisher zurückgehalten. Sie sollen am 18. November Thema bei einer Sitzung des Finanzplanungsrates von Bund, Ländern und Kommunen sein, sagte eine Sprecherin Stolpes. Ähnlich wie der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnt auch der zuständige Bundesminister, die Solidarpakt-Zahlungen vollständig zweckgerecht zu verwenden. „Nur so kann sichergestellt werden, dass der Solidarpakt auch in den alten Ländern weiterhin auf Akzeptanz stößt.“

Eine Sonderrolle spielt Berlin, wo die Solidarpakt-Ausgaben ausschließlich für den Konsum verwendet werden. „Fernab von Gut und Böse“ sieht IWH-Experte Ragnitz die deutsche Hauptstadt. Er warnt allerdings davor, Ostdeutschland „Mittelverschwendung“ vorzuhalten. 2003 hätten die Länder unerwartete Steuerausfälle gehabt, die auf die Schnelle nicht zu kompensieren gewesen seien. Zudem rät er zu einer Neudefinition der „aufbaugerechten Verwendung“. Als Investition sei nicht nur anzusehen, was in Beton gegossen wird – etwa auch Gelder für die Hochschulen müssten eingerechnet werden. Ähnlich hatte sich kürzlich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geäußert – sein Land gibt über ein Viertel der Solidarpakt-Mittel nicht wie vereinbart aus. Platzeck fragte: „Warum ist die Bezahlung eines Professors im Wissenszeitalter keine Investition? Ist die Asphaltierung der letzten zehn Kilometer Straße in ein Dorf im Osten wirklich sinnvoller für den Aufbau Ost als ein guter Hochschullehrer?“

Illusionen über Sanktionsmöglichkeiten macht sich Ragnitz, so wie die Debatte gerade läuft, nicht. „Der Bund will das nicht, weil sonst der Länderfinanzausgleich wieder aufgerollt wird. Und die Länder wollen sich ihre Spielräume nicht nehmen lassen.“ Zugleich sagt der Fachmann voraus: „Wenn die Ost-Länder ihre laufenden Ausgaben nicht deutlich kürzen, stehen sie in drei, vier Jahren vor dem Ruin.“

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