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US-Präsident Obama reist nach Israel und in die Palästinensergebiete - und stellt sich den Krisen der Region.

© Reuters

Obama-Reise in den Nahen Osten: Die Hoffnung ist zu Besuch

In Israel und den Palästinensergebieten stellt sich US-Präsident Barack Obama den Krisen der Region. Seine Gastgeber haben ganz unterschiedliche Erwartungen. Was kann er bewirken?

Barack Obama macht sich auf eine Reise ohne eindeutiges Ziel. Auf den ersten Blick folgt sie der klassischen Route der Nahostvermittler: Israel, Palästina, Jordanien. Doch nur für einen der drei Gastgeber steht der Friedensprozess im Mittelpunkt der Gespräche, nämlich für die Palästinenser. Substanzielle Fortschritte in der Frage erwartet niemand. Israel möchte hingegen die Bedrohung durch Irans Atomprogramm zum Hauptthema machen. Und Jordaniens brennendstes Problem sind die Belastungen durch den Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien. Bei so unterschiedlichen Themen und Erwartungen könnte das Hauptergebnis der Reise darin liegen, dass sich aus den persönlichen Begegnungen neue Impulse für den Umgang mit den drei Herausforderungen Nahostfrieden, Iran und Syrien ergeben. Aus Obamas Sicht sind die offiziellen Gesprächspartner zudem nicht unbedingt seine wichtigsten Adressaten. Mit Reden und Pressekonferenzen wendet er sich direkt an die Bevölkerungen, um so öffentlichen Druck auf die jeweilige Regierung auszuüben, damit die sich bewegt. Das gilt vor allem für Israel.

Was ist das Verhältnis zu Israel?

Obamas Beziehungen zu Regierungschef Benjamin Netanjahu sind sehr kühl. In Obamas erster Amtszeit sind sie wegen der Siedlungspolitik aneinander geraten und haben ihre Konflikte so unverdeckt ausgetragen, wie enge Verbündete das gewöhnlich nicht tun. Obama hat Israel nur einmal besucht: im Wahlkampf 2008. Obwohl er als Präsident mehrmals in Europa und dem Nahen Osten war, sparte er das Land aus. Mit der Terminierung dieser Reise wollte Obama nach Darstellung amerikanischer Medien erreichen, dass Netanjahu ein kompromissbereiteres Kabinett formt. Nach US-Analyse ist Netanjahu trotz seiner Wiederwahl politisch geschwächt. Mit seiner Rede vor jungen Israelis am Donnerstag erzeugt Obama öffentlichen Druck, den Friedensprozess wiederzubeleben. Diesem Ziel dient auch der Besuch am Grab des friedenswilligen Jitzhak Rabin.

Netanjahu wiederum möchte eine klare Zusage, dass die USA den Iran daran hindern, bombenfähiges Uran zu produzieren. Im Interview mit einem israelischen Fernsehsender hat Obama nun gesagt, der Iran benötige „mehr als ein Jahr“, um eine Atomwaffe zu entwickeln. Damit hat der US-Präsident ein großzügiges Zeitfenster definiert, offenbar in der Hoffnung, dass noch eine Verhandlungslösung erreicht werden kann. Israels Premier Netanjahu bemisst die Zeit für Diplomatie hingegen auf nur wenige Monate. An Versicherungen, dass die USA Israels Sicherheit garantieren und es gegen Angriffe verteidigen, wird Barack Obama es nicht fehlen lassen. Zunächst setzt er aber auf die Wirkung der Sanktionen gegen den Iran.

Was erwarten die Palästinenser?

Viele Araber hatten große Erwartungen, als Obama 2009 Präsident wurde. Im Wahlkampf hatte er seine Familiengeschichte herausgestellt; seine Vorfahren väterlicherseits waren Muslime in Kenia. In seiner Rede in Kairo im Juni 2009 versprach er einen neuen Umgang mit der islamischen Welt. Die Palästinenser sind heute enttäuscht. Obama hat sich in der Siedlungspolitik zwar mit Netanjahu angelegt, gestoppt hat er sie aber nicht. Auch bei den Palästinenser fehlen derzeit die Voraussetzungen für einen umfassenden Friedensschluss. Unter anderem haben sie wegen der Spaltung in das von der Fatah regierte Jordanland und den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen keine handlungsfähige Regierung, die einen Kompromiss garantieren und umsetzen kann. Um aber die Hoffnung am Leben zu halten, dass es in Obamas zweiter Amtszeit bis Januar 2017 spürbare Fortschritte geben kann, möchte er praktische Zugeständnisse Israels zu den Gesprächen in Ramallah mitbringen, zum Beispiel mehr Respekt für die palästinensischen Behörden und weniger Willkür der israelischen Sicherheitskräfte in den besetzten Gebieten. Im besten Fall können viele kleine Schritte den Weg zu einer großen Lösung öffnen.

Welchem Zweck dient die Jordanien-Visite?

Jordanien und Ägypten sind die einzigen arabischen Nachbarn, die mit Israel Frieden geschlossen haben. Deshalb gehört Amman zu den traditionellen Zielen der Nahostdiplomatie. Aktuell wichtiger ist jedoch der Bürgerkrieg in Syrien. Die USA wollen eine direkte militärische Intervention vermeiden, selbst eine auf Luftangriffe beschränkte wie in Libyen. Bisher haben sie keine Waffen an die syrische Opposition geliefert aus Sorge, sie könnten am Ende in die Hände radikaler Islamisten fallen.

Unterhalb der militärischen Ebene unterstützen die USA die Assad-Gegner, so durch Ausbildung für zivile Widerstandsmethoden und durch die Ausrüstung mit Computern, Mobiltelefonen und anderem Gerät. Das findet zu einem Gutteil im Nachbarland Jordanien statt, einem verlässlichen Verbündeten der USA. Jordanien wiederum leidet unter den Flüchtlingsströmen, den wirtschaftlichen Folgen des Kriegs und hofft auf US-Hilfe.

Eine weitere delikate Frage ist, wie lange die USA überhaupt noch auf Monarchien als Verbündete in der Region setzen können. Sind sie ein Auslaufmodell angesichts der Revolutionen in anderen arabischen Ländern? Jordaniens König Abdullah II., der in Großbritannien ausgebildet worden war und den Thron vor 14 Jahren vom Vater erbte, hat diese Überlegungen gegenüber dem US-Journalisten Jeffrey Goldberg offen angesprochen. Da findet er offene Ohren bei Obama.

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