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Benjamin Netanjahu war vorab über Obamas Rede informiert – und beschwerte sich vergeblich bei Außenministerin Hillary Clinton. Er ist zu Besuch in Washington, um Lobbyarbeit im Kongress und bei einflussreichen Organisationen zu betreiben. Foto: Hannibal Hanschke/dpa

© dpa

Politik: Obama und Netanjahu trauen einander nicht

Der US-Präsident und der israelische Premier ringen um die öffentliche Meinung in den USA / Streit um die Grenzen eines Palästinenserstaates

Wenige Stunden vor Barack Obamas Rede an die arabische Welt hatte Außenministerin Hillary Clinton einen zornigen Benjamin Netanjahu am Telefon. Israels Premier wollte verhindern, dass der Präsident die Grenzen von 1967 als Basis für das Gebiet des künftigen Palästinenserstaats nennt. Obama ließ sich nicht beirren: „Wir glauben, dass die Grenzen Israels und Palästinas auf den Linien von 1967 basieren sollen, zuzüglich eines einvernehmlichen Gebietsaustauschs.“ Ob er den Satz aussprechen sollte, war unter seinen Beratern bis zuletzt umstritten. War das der Grund, dass die Rede mit 30 Minuten Verspätung begann?

Das Ringen zwischen Obama und Netanjahu um die öffentliche Meinung Amerikas wird sich nun über Tage fortsetzen. Am Freitag sprachen die beiden im Weißen Haus miteinander und aßen gemeinsam zu Mittag. Am Sonntagmorgen tritt Obama beim American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) auf, der einflussreichsten Israel-Lobby in den USA. Am Montagabend kontert dort Netanjahu. Am Dienstag spricht er zudem vor beiden Häusern des Kongresses, konservative Christen sind Israels wichtigste Fürsprecher in Amerika. Er hatte den neuen republikanischen Parlamentspräsidenten John Boehner um die Gelegenheit gebeten, als er hörte, dass Obama eine Grundsatzrede zu den Umwälzungen in Arabien plane. Netanjahu wollte ihm zuvorkommen und seine Bedingungen für weitere Friedensgespräche nennen, schreibt die „New York Times“. Daraufhin legte Obama seine Rede auf den Tag vor Netanjahus Ankunft in den USA, betonte aber, um den Konflikt abzumildern, im Mittelpunkt stehe Amerikas Reaktion auf die Freiheitsbewegungen im Nahen Osten, Palästina komme nur am Rande vor. Das Weiße Haus informierte Israel vorab, was der Präsident sagen werde.

„Nach allen Schilderungen trauen die beiden einander nicht über den Weg“, analysiert die „New York Times“. Obama sei inzwischen überzeugt, dass Netanjahu nicht bereit sei zu den Kompromissen, die für einen Friedensschluss erforderlich sind. Und der beklagt sich bitter, Obama verlange zu viel von Israel und übe zu großen Druck aus.

Lediglich die Grundprinzipien eines Friedensschlusses stehen nach unzähligen Friedensgesprächen fest: Zwei unabhängige Staaten, Israel und Palästina, erkennen sich in festgelegten Grenzen an und verpflichten sich, die gegenseitige Sicherheit vor Angriffen und Anschlägen zu gewährleisten. Jerusalem dient beiden als Hauptstadt. Für palästinensische Flüchtlinge, die aus Israel stammen, aber nicht dorthin zurückkehren werden, muss eine Regelung gefunden werden. Wie das alles im Detail umgesetzt wird, darüber gehen die Meinungen in Israel, Palästina, den USA und Europa auseinander. Auch die Reihenfolge, in der die Themen abgehandelt werden, ist eine Machtfrage.

Obama und Netanjahu sind mehrfach aneinandergeraten, zum Beispiel, als Obama einen Siedlungsstop in Ost-Jerusalem und nicht nur in der Westbank verlangte. Netanjahu weigerte sich. „Jerusalem ist keine Siedlung. Jerusalem ist Israels Hauptstadt.“ Obama ließ daraufhin beim nächstem Treffen im Weißen Haus keine Fotografen zu. Palästina droht nun, vor der UN-Vollversammlung im September einseitig seine Unabhängigkeit zu erklären und andere Staaten während des Treffens um die Anerkennung zu bitten. Obama rät davon ab. Das blockiere die Friedensgespräche. Mit der Festlegung auf die Grenzen von 1967 wollte er die Palästinenser besänftigen.

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