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Obamas Asienreise: Ins Gesicht gesagt

Japan will die Militärallianz mit den USA lockern. Für Obama ist das in Tokio kein Thema – offiziell.

Es brauchte die hartnäckigen Fragen von Journalisten, um US-Präsident Barack Obama und seinen Gastgeber, den japanischen Premier Yukio Hatoyama, bei ihrem gemeinsamen Auftritt in Tokio aus ihrer Defensivhaltung zu locken: Zum Auftakt seiner neuntägigen Antrittsreise durch Asien gab sich der US-Präsident nach einem 90-minütigen Gespräch mit Premier Hatoyama zuversichtlich, dass das japanisch-amerikanische Bündnis „erneuert und aufgefrischt“ auch im 21. Jahrhundert Bestand habe. Japan sucht nach einem halben Jahrhundert, in dem es Washingtons Kurs befolgte, nach einer eigenständigeren Rolle – insbesondere, was die Verteidigungsfrage betrifft. Obama gab sich ungerührt. Das Bündnis sei „unerlässlich für Japan, für Amerika und die Asien-Pazifik-Region“, beteuerte der US-Präsident am späten Freitagabend vor seiner Weiterreise nach Singapur. Dort wollte er am 20. Jubiläumsgipfel des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (Apec) teilnehmen.

Obama wies darauf hin, dass das japanisch-amerikanische Bündnis die „Grundlage für Sicherheit und Prosperität in der Region“ sei. Der US-Präsident zeigte sich außerdem überzeugt, dass auch eine Lösung zur umstrittenen Truppenpräsenz der USA auf der südjapanischen Insel Okinawa gefunden werde. Eine Arbeitsgruppe befasse sich mit der „Implementierung“ des Abkommens von 2006, das noch unter beiden Vorgängerregierungen ausgearbeitet worden war und einen Teilabzug sowie –umzug der mehreren zehntausend US-Marines erwägt. Doch der Widerstand im neuen Japan unter den Demokraten gegen Amerikas Militärpräsenz wächst. Viele Japaner fühlen sich von den Amerikanern bevormundet und streben ein engeres Bündnis mit dem alten Widersacher China an, was eine Umgestaltung alter traditioneller Allianzen erfordert. Hatoyama blieb daher in seinen Ankündigungen vage. Er wisse, dass er im Wahlkampf versprochen habe, die Okinawa-Frage zu überdenken und einen Totalabzug oder zumindest Umzug der US-Truppen in entlegenere Gebiete zu erwägen. Je länger eine Lösung dieses Problems hinausgezögert werde, desto schwieriger werde es, den Knoten am Ende zu durchschlagen, sagte Hatoyama. Es war das erste Mal, dass er den Amerikanern offen ins Gesicht sagte, dass Tokio Zweifel an der alten Militärallianz hegt.

Sowohl Hatoyama als auch Obama betonten jedoch die Gemeinsamkeiten, etwa bei Klima-, Energie-, Wirtschafts- und anderen Sicherheitsfragen. So wird Japan seine Tankschiffmission im Indischen Ozean für die Nato-Truppen in Afghanistan zum Januar beenden und dafür zusätzlich umgerechnet fünf Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe während der nächsten fünf Jahre beisteuern. Pakistan soll eine Milliarde US-Dollar erhalten.

Im Namen Obamas erklärte Hatoyama, dass der US-Sondergesandte für die Nordkorea-Politik, Stephen Bosworth, „bald“ nach Pjöngjang reisen werde. Der Zeitpunkt für einen Besuch könnte gekommen sein, wenn sich eine Übereinkunft mit Nordkorea zur Neuaufnahme der Pekinger Sechsergespräche ergebe. Die jüngsten Raketenversuche und Atomtests in Nordkorea zeigen nach Ansicht von Obama und Hatoyama, dass Pjöngjang weiterhin eine Bedrohung des Friedens und der Stabilität für Nordostasien und die internationale Gemeinschaft darstellt. Die jüngsten Enthüllungen über neue Nukleranlagen im Iran hätten die Besorgnis der internationalen Gemeinschaft über den Charakter des iranischen Atomprogramms verstärkt, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des US-Präsidenten und des japanischen Premierministers.mit dpa

Daniel Kestenholz[Bangkok]

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