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Obama spricht bei seiner Inauguration über das Zusammengehörigkeitsgefühl, ohne das Amerika nicht vorankommen könne.

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Update

Obamas Vereidigung: Demonstration der Vielfalt

Bei seiner Vereidigungszeremonie spricht Obama über das Zusammengehörigkeitsgefühl in den USA. Er kann sich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit auf bessere Umfrageergebnisse als im vergangenen Jahr stützen.

Dicht an dicht stehen die Menschen auf der National Mall, soweit das Auge reicht. Selbst am Washington Monument, dem Obelisken in der Mitte des breiten, von Museen flankierten Grünstreifens, der sich im Herzen der Hauptstadt vom Capitol bis zum Lincoln Memorial erstreckt, ist noch kein Ende des Meeres aus Mützen und Hüten abzusehen. Es sind gewiss nicht zwei Millionen wie 2009. Aber es scheinen deutlich mehr als die erwarteten 800 000 zu sein. Das wäre ein Rekord für eine zweite Inauguration, die nie die selbe Anziehungskraft erreicht wie ein erster Amtsantritt.

Der Menschenauflauf wirkt wie eine Manifestation des guten Willens gegen alle Befürchtungen, es drohe eine permanente parteipolitische Blockade. Die Stimmung ist teils feierlich ernst, teils ausgelassen wie bei einem Popkonzert. Begeistert feiert die Menge James Taylor, der in leiser Gitarrenbegleitung „America, the Beautiful“ wie eine zärtliche Liebeserklärung an das Land singt. Als der wiedergewählte Präsident auf dem Westbalkon des Capitols kurz vor 12 Uhr mittags die rechte Hand zum Schwur hebt und dem Obersten Richter John Roberts die Formel nachspricht: „Ich, Barack Hussein Obama, gelobe feierlich …“ kehrt für einen Moment erhabene Stille ein. Diesmal gibt es keinen Versprecher wie 2009, nur die letzten zwei Worte „United States“ verschleift Obama ein wenig. Aber das geht fast unter im anschwellenden Jubel, der wohl noch viele Straßenblocks entfernt zu hören ist.

„Glaube an Amerikas Zukunft“ hatte der Eröffnungsredner, Senator Charles Schumer, als Motto der Inauguration ausgegeben. Auch alle, die nach ihm sprechen, beschwören Einheit, Zusammenarbeit und Kompromisswillen: Myrlie Evers-Williams, die Witwe eines schwarzen Bürgerrechtlers; Lamar Alexander, ein republikanischer Senator aus den Südstaaten; Richard Blanco, ein homosexueller Poet kubanischer Abstammung. Es ist eine Demonstration der Vielfalt Amerikas, die ein Reichtum sein kann, sich aber oft in Interessenkonflikten ausdrückt.

Auch Obama spricht über das Zusammengehörigkeitsgefühl, ohne das Amerika nicht vorankommen könne. „Wir müssen gemeinsam handeln, als eine Nation, heute mehr denn je zuvor.“ Er zitiert das Versprechen aus der Unabhängigkeitserklärung, dass alle Menschen frei und gleich seien. Seine 15 Minuten lange Rede enthält kein konkretes Regierungsprogramm für die nächsten vier Jahre. Sie ist mehr ein Appell, sich auf einen Grundkonsens der Werte zu besinnen und auf die Gegenwart anzuwenden. „Wenn die Zeiten sich ändern, müssen auch wir uns ändern“, sagt er. Amerikaner glaubten an die Eigeninitiative und nicht daran, dass die Regierung alle Probleme lösen könne. Aber die Bürger geben sich das Versprechen der Verantwortung für einander. Das Land könne nicht blühen, wenn es nur wenigen gut gehe. Sozialversicherungen seien keine Geldverschwendung, „sie machen uns stärker“.

Auf die Vereidigung folgte die traditionelle Parade mit Abordnungen aus allen 50 Bundesstaaten. Obama beginnt seine zweite Amtszeit mit verbesserten Umfragewerten. 52 Prozent der Bürger unterstützen ihn. Das sind zwar zehn Prozentpunkte weniger als zur Beginn der ersten Amtszeit 2009, aber deutlich mehr als die 45 Prozent Zustimmung im Januar 2012. Die Republikaner haben zuletzt ihre Blockadedrohungen nicht wiederholt. So regt sich die vorsichtige Hoffnung, dass auf manchen Gebieten wie dem Schuldenabbau und dem Einwanderungsrecht Kompromisse möglich sind.

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