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Der deutsche Staat nimmt viel - aber verteilt auch.

© dpa

OECD-Überblick zu Steuer-und Abgabenbelastung: Deutschland wie immer weit oben

Deutschland bleibt ein Land der hohen Steuern und Abgaben für Arbeitnehmer. Vor allem Singles werden im internationalen Vergleich stark belastet. Familien kommen besser weg.

Zum Glück gibt es Belgien. Denn ohne das Nachbarland, das regelmäßig die höchste Steuerbelastung von Arbeitseinkommen meldet, hätte Deutschland wohl häufig die Top-Position inne. Das zeigt jährlich der Bericht der OECD zur Steuerlast auf Arbeitseinkommen, der immer auch die Abgaben einbezieht, weil sonst ein internationaler Vergleich der Belastung der Arbeitskosten und der Einkommen nicht möglich wäre. Seit Jahren liegt Deutschland in der Spitzengruppe, mal an zweiter, mal an dritter Stelle. So auch im aktuellen, am Dienstag vorgestellten Bericht für 2015. Wobei die Zahlen mit etwas Vorsicht und Einordnung zu bewerten sind – denn der Vergleich berücksichtigt nicht, wie weit private Vorsorgesysteme für das Alter in den OECD-Ländern eine Rolle spielen und wie weit hier Abgaben oder auch Steuern genutzt werden. Und schon gar nicht geht aus den Listen hervor, wie effizient Staat und Sozialkassen mit dem anvertrauten Geld umgehen, was man also letztlich qualitativ für seine Abzüge vom Gehalt an Gegenleistung bekommt.

Lässt man den Arbeitgeberbeitrag weg und schaut nur auf die Steuer und Arbeitnehmerbeiträge, und zwar in Relation zu den Bruttoeinkommen, ist Deutschland bei Alleinverdienern ohne Familie, also Singles, ganz weit oben. Die Steuer- und Abgabenquote bezogen auf das Gehalt liegt bei 39,7 Prozent bei einem Durchschnittsverdienst. Nur in Belgien liegt sie höher – bei 42 Prozent. Hinter Deutschland folgen Dänemark (36,1 Prozent) und Österreich (34,9 Prozent). In Italien wird knapp ein Drittel abgezogen, in Frankreich hingegen sind es nur 28,9 Prozent. In den Vereinigten Staaten liegt die Belastung mit Einkommensteuer und Sozialabgaben bei einem Viertel, noch etwas darunter steht Großbritannien mit 23,4 Prozent – in beiden Ländern wird bei der Rente weit stärker auf Privatvorsorge gesetzt als in Deutschland. Mit 20,5 Prozent ist übrigens der Arbeitnehmeranteil an den Sozialabgaben (gemessen am Bruttogehalt) der zweithöchste in den OECD-Staaten (in Slowenien ist er noch etwas höher). Singles sind insofern besonders aussagekräftig für die Steuer- und Abgabenkultur in einem Land, weil sie sozusagen der Basisfall der Besteuerung sind.

Familie mit 21 Prozent belastet

Denn bei der Belastung von Familien greifen die Gesetzgeber mal stärker und mal weniger stark ein durch Vergünstigungen. Eine Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern und Durchschnittseinkommen etwa wird in Deutschland nur mit etwa 21 Prozent belastet. Hier liegen Finnland, Dänemark oder die Niederlande mit etwa 25 Prozent vorn, auch in Belgien ist die Belastungsquote etwas höher, während sie in Großbritannien oder Frankreich etwa gleich ist wie bei uns. Deutlich niedriger ist die Steuer- und Abgabenlast für solche Familien dagegen in den USA oder Kanada oder der Schweiz.

Nimmt man die Arbeitgeberbeiträge zu den Abgaben hinzu, bleibt Deutschland ebenfalls weit vorn. Gemessen nun an den Arbeitskosten (also Bruttogehalt plus Arbeitgeberbeitrag) liegt die Belastung eines Singles in Deutschland bei 49,4 Prozent. Auch hier hat Belgien den Spitzenplatz mit 55,3 Prozent, dahinter folgt Österreich mit 49,5 Prozent. Ähnlich hoch ist die Belastung in Ungarn, Italien und Frankreich. Zu einer Gruppe, in der die Steuer- und Abgabenlast um die 40-Prozent-Marke liegt, gehören Finnland, Schweden, Spanien und Griechenland. In Dänemark, Norwegen und den Niederlanden sind es etwa 36 Prozent. In Ländern mit stärkerer Privatvorsorge vor allem für die Rente sind es noch weniger:  in den USA, Kanada und Großbritannienliegt die Belastungsquote nur etwas über 30 Prozent, in der Schweiz ist es nicht einmal ein Viertel, das abgezogen wird. Die reine Einkommensteuerbelastung für Singles betrug in Deutschland im Schnitt übrigens 16,1 Prozent, der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung lag bei 17,2 Prozent (ein Spitzenwert im Vergleich), der des Arbeitgebers bei 16,2 Prozent. Die Aufteilung auf diese drei Komponenten ist in den OECD-Ländern sehr unterschiedlich – in Dänemark etwa wird praktisch alles durch die Einkommensteuer abgedeckt, in Belgin sind Steuerquote und Arbeitgeberanteil mit mehr als 20 Prozent recht hoch, auch Frankreich, Schweden, Italien und Spanien haben hohe Arbeitgeberbeiträge.

Belastung leicht gesunken

Für Familien sieht es auch hier im Vergleich besser aus – eine durchschnittliche Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern zahlt in Deutschland bei einer Quote von 34 Prozent weniger Steuern und Abgaben als etwa in Frankreich, Belgien oder Österreich. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Entlastungswirkung durch Kindergeld und Kinderfreibetrag höher ist als im OECD-Schnitt.

Immerhin ist die Steuer- und Abgabenlast der Singles in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren etwas geringer geworden. Sie sank von 52,9 Prozent im Jahr 2000 auf nunmehr eben 49,4 Prozent. Das ist deutlich mehr als im OECD-Schnitt – der fiel nur von 36,6 auf 35,9 Prozent. Nach dem Bericht der Wirtschaftsorganisation ist die Steuer- und Abgabenlast in 24 Mitgliedstaaten der Wirtschaftsorganisation 2015 gestiegen, in acht sank sie dagegen. Die Hauptursache für den Anstieg sind weniger Steuererhöhungen als die Wirkung der Progression – viele Arbeitnehmer rutschten dank Gehaltsverbesserungen in eine etwas höhere Steuerbelastung hinein. In Deutschland soll dieser Effekt künftig etwas abgemildert werden.

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