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Der Anteil von Elektroautos am Fuhrpark der Bundesbehörden soll deutlich steigen, fordern die Parlamentarier.

© AFP

Öffentliche Beschaffung: Mit aller Sorgfalt

Die öffentliche Beschaffung soll nachhaltiger werden Doch die Verfahren ziehen sich in die Länge. Der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung will das nun beschleunigen.

Die Idee ist alt, aber die Umsetzung ist derart gründlich, dass es nun sogar dem sehr geduldigen Parlamentarischen Beitrat für Nachhaltige Entwicklung (PBnE) zu langsam geht. Wenn die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen mehr Wert auf Nachhaltigkeitskriterien legen würde, könnte das die Märkte verändern. Seit 2007 ist das zumindest was die Energiekosten angeht, bundespolitisch als Strategie ausgegeben, seit 2010 ist es gültige Politik der Europäischen Union. Bei der Beschaffung von Bürotechnik oder anderen technischen Geräten sollen die Beschaffer seither nicht nur den Ladenpreis sondern auch die Betriebskosten berücksichtigen. In der Praxis hat das bisher wenig Auswirkungen. Deshalb hat der Beirat jüngst ein „Impulspapier“ verabschiedet, mit dem das nachhaltige Beschaffungswesen „vorangebracht“ werden soll.

An dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, ist abzulesen, wie langwierig ein solches Projekt in den öffentlichen Verwaltungen ist. Nachdem das Bundeskabinett 2007 mit dem Meseberger Energie- und Klimaschutzprogramm beschlossen hatte, dass die öffentliche Beschaffung nachhaltiger ausgerichtet werden sollte, dauerte es noch bis Ende 2010, bis der zuständige Staatssekretärsausschuss einen Grundsatzbeschluss fasste, wie die öffentliche Hand ihre Beschaffung nachhaltiger gestalten sollte. Damals beschlossen die Staatssekretäre, dass generell nur noch Produkte der höchsten Energieeffizienzklassen beschafft werden dürften, wo immer möglich sollten Produkte mit dem ältesten Nachhaltigkeitszertifikat, nämlich dem Blauen Engel, zum Einsatz kommen, der Anteil von Recylclingpapier von 70 bis 2015 auf 90 Prozent erhöht werden. Am 7. Januar hat das Kabinett eine grundsätzliche Reform des Vergaberechts beschlossen. Auch da spielt die Nachhaltigkeit wieder eine wichtige Rolle – ganz allgemein.

Am Montag beraten die Staatssekretäre

Die Parlamentariergruppe macht nun für die Sitzung des Staatssekretärsausschusses an diesem Montag fünf konkrete Vorschläge, wie die öffentliche Hand nachhaltiger einkaufen kann. Die Abgeordneten verlangen die Verankerung konkreter Nachhaltigkeitskriterien im Vergaberecht, um „der häufigen Rechtsunsicherheit“ entgegenzuwirken. Vor einem Jahr hat die Europäische Union beschlossen, das Vergaberecht nachhaltiger zu gestalten. Bis April 2016 muss Deutschland diese neue Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Die Parlamentarier wünschen sich eine schnellere Umsetzung.

Die Chancen müssten dafür eigentlich gut sein. Denn selten ist etwas gründlicher vorbereitet worden als die nachhaltigere öffentliche Beschaffung. Es gibt seit 2013 eine „Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung“, die Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden beraten und schulen soll. In der „Allianz für nachhaltige Beschaffung“ arbeiten Behörden und Firmen gemeinsam an einheitlichen Standards für den umwelt- und sozialverträglichen Einkauf der öffentlichen Hand. Für 13 Produktgruppen von Bürogeräten über Energieeinspar-Contracting bis hin zur Schädlingsbekämpfung hat die Kompetenzstelle im vergangenen Jahr Informationen auf ihre Homepage eingestellt. Der Parlamentarische Beirat sieht vor allem bei der Beschaffung von Elektrogeräten, dem Fuhrpark und der Gebäudesanierung Potenzial.

Umweltfreundlichere Autos für den Bundesfuhrpark

Die Regierung hat sich vorgenommen, zehn Prozent des aktuellen Fuhrparks auf einen Verbrauchsstand von weniger als 50 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer zu bringen. Von 2015 an sollen 20 Prozent der neu beschafften Fahrzeuge diesem Standard entsprechen, das wären faktisch Elektrofahrzeuge. In Sachen Sanierungsquote verlangt der Beirat, dass die Regierung ihre Zielvorgabe aus dem Jahr 2010, nämlich zwei Prozent des Gebäudebestands jährlich energetisch zu sanieren, endlich erreichen möge. Derzeit sei es lediglich ein Prozent, monieren die Abgeordneten. Die EU hatte jahrelang um eine öffentliche Sanierungsrate von drei Prozent gekämpft, um die Vorbildfunktion des Staates zu unterstreichen. Bisher nimmt die Regierung eine Regelung in Anspruch, „andere kosteneffiziente Maßnahmen einschließlich umfassender Renovierungen und Maßnahmen zur Änderung des Verhaltens der Gebäudenutzer zu ergreifen, um bis 2020 Energieeinsparungen zu erreichen“. Der Sanierungsfahrplan des Bundes für eine Gebäudefläche von rund drei Millionen Quadratmetern kommt bisher als ohne Sanierungsrate aus. Insgesamt verwaltet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) 4,8 Millionen Quadratmeter, rechnet aber alle Gebäude heraus, die über weniger als 500 Quadratmeter verfügen. Nicht in Bima-Verwaltung sind übrigens die Liegenschaften der Bundesagentur für Arbeit und die der Bundeswehr.

Ökostrom für die Ministerien

Nach Bima-Angaben bezieht sie für die von ihr verwalteten Gebäude derzeit 57 Prozent Ökostrom, 40 Prozent der Gebäude würden zu 100 Prozent mir erneuerbar erzeugtem Strom erzeugt. 2010 hatte der Staatssekretärsausschuss beschlossen, die Versorgung der Bundesgebäude schrittweise auf Ökostrom umzustellen. Die Bima hat den Strombezug zuletzt für die Jahre 2014 bis 2016 ausgeschrieben. Jährlich geht es um 525 Gigawattstunden Strom, die in den von der Bima verwalteten Bundesliegenschaften verbraucht werden.

Der Parlamentarische Beitrat geht nun noch einen Schritt weiter. Lediglich „sieben von 111 Unternehmen mit unmittelbarer Bundesbeteiligung“ haben sich bisher verpflichtet, den vom Nachhaltigkeitsrat entwickelten „Deutschen Nachhaltigkeitsindex (DNK)“ anzuwenden. Der Beirat verlangt, dass alle Unternehmen mit Bundesbeteiligung ihre Unternehmensberichte nach den Regeln des DNK abfassen, und dass auch die Bundesministerien, der Bundestag sowie alle nachgeordneten Behörden und Verwaltungen dem DNK beitreten. Dann würden sie automatisch nachhaltig einkaufen.

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