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Die Reicheren helfen den Ärmeren. Das ist die Grundlage auch des Länerfinanzausgleichs.

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Öffentlicher Haushalt: Am Problem vorbei

Der neue Finanzausgleich steht. Doch sind die Aufgaben und Gelder grundsätzlich richtig verteilt zwischen Bund, Ländern und Kommunen? Eine Analyse

Es war schon ein verdammt langer Anlauf, den die Verantwortlichen in Bund und Ländern bei der Reform des Finanzausgleichs genommen haben. Da hätte man auch weiter springen können, als es dann am Freitag geschehen ist. Aber etwas mehr als ein kurzer Hüpfer ist das Ergebnis schon. Der jetzt vereinbarte Bund-Länder-Finanzausgleich für die Zeit nach 2019 wird dafür sorgen, dass das Verfassungsgebot der gleichwertigen Lebensverhältnisse eingehalten wird – also die Erfüllung der Erwartung, dass der Staat überall in den Ländern und Kommunen seinen Bürgern gleichwertige Angebote machen kann. Das ist eine Frage der Geldverteilung, und die haben Bund und Länder nach einigem Ach und Krach ganz gut hinbekommen.

Die Solidarität der Länder ist nicht kleiner geworden

Die Solidarität der Länder untereinander ist auch keineswegs erheblich gemindert worden, was ja als Befürchtung an die Wand gemalt worden war, als die Zahler im bisherigen Länderfinanzausgleich murrten und das Verfassungsgericht ins Spiel brachten. Es wird nach wie vor so sein, dass die reicheren Regionen jene unterstützen, die wirtschaftlich schwächer sind und daher weniger eigene Steuern einnehmen. Bayern wird nach wie vor die größte „Last“ zu tragen haben, vor Baden-Württemberg und Hessen. Und Berlin wird weiterhin ziemlich viel Unterstützung bekommen (wie auch der Osten, Bremen, das Saarland). Dass der Bundesetat ein wenig stärker geschröpft wird als bisher, das ist kein unanständiger Akt, die Ministerpräsidentenkonferenz ist auch keine Räuberbande. Der größere Teil der zusätzlichen Bundesleistung lässt sich rechtfertigen, weil der Bund die weiterhin fließenden Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag allein für sich vereinnahmt, die bisher (in sinkendem Maße) der Stützung der Ost-Etats dienten.
Und der Bund ist (als gesamtstaatliche Instanz) ein ganz normaler Mitspieler im Finanzausgleich. Der Grad seiner Beteiligung ist das Ergebnis politischer Verhandlungen. Die sind am Freitag mit einem gewissen Vorteil für die Länder zu Ende gegangen, die verschmitzten Mienen der Ministerpräsidenten sagten alles. Dass es so kam, lag auch an einer unglücklichen Gesprächsführung seitens der Bundesregierung – nicht nur Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble trug einiges zum Schulterschluss der Länderleute bei, sondern auch das Kanzleramt.

Grundsätzliche Fragen wurden nicht gestellt

Dass nun der Finanzausgleich der Länder untereinander nur noch über die Umsatzsteuer erfolgt und nicht mehr zusätzlich über die Länderhaushalte (das war der ewig strittige Länderfinanzausgleich im engeren Sinne), ist ein Schritt zu mehr Übersichtlichkeit. Die Finanzströme werden jedenfalls nicht verschleiert. Die Geber zahlen jetzt eben nicht mehr aus dem eigenen Etat in den Finanzausgleich ein, sondern sind solidarisch durch Einnahmenverzicht. Die Erfinder dieses Systems erhoffen sich davon auch weniger Streit ums Geld – man wird sehen, ob das gelingt. Dennoch ist die Bilanz dieser bundesstaatlichen Reform nicht ungetrübt. Die Verhandlungen waren phasenweise mehr als zäh, sie waren oft undurchsichtig und bisweilen auch vergiftet. Die Exekutiven blieben unter sich und gaben sich geheimniskrämerisch. Bundestag und Landtage standen die meiste Zeit vor der Tür. So macht man keine Verfassungspolitik. Ein transparenteres Verfahren wäre angebracht gewesen – eine öffentlich agierende Reformkommission hätte der Sache mehr Gewicht gegeben. Man hätte dann auch einen breiteren Ansatz wählen können. Dass der Bund ein gutes Dutzend Zusatzwünsche noch kurz vor Schluss präsentierte, mag ja verhandlungstaktisch geboten sein, ist aber schlechter Stil.

Der Bund sollte nicht immer mehr Aufgaben übernehmen

Und wieder hat man sich nicht lange mit der Frage aufgehalten, ob denn das Geld der Steuerzahler wirklich richtig zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt ist, gemäß der Aufgaben, welche die jeweiligen Ebenen haben. Und ob diese Aufteilung der Aufgaben wirklich effizient ist. In der Sozialpolitik, beim Planen und Bauen von Straßen, in der Bildung. Ist es besser, hier querbeet vorzugehen und alle Ebenen irgendwie zu beteiligen? Oder wäre ein bisschen Jäten bei den gemischten Zuständigkeiten sinnvoll? Vielleicht macht sich der nächste Bundespräsident ja den Spaß und beruft eine Runde von erfahrenen Politikern und pragmatischen Fachleuten ein, die genau das mal tun: vermessen, ob die Gewichte im Bundesstaat noch richtig verteilt sind.
Wenn der Bundesrechnungshof jetzt beklagt, der Bund treibe durch die Übernahme immer neuer Zuständigkeiten der eigenen Überlastung entgegen – ja dann soll er sich doch einfach zurückhalten. Auf der anderen Seite sollten Ministerpräsidenten und Bürgermeister, Landtage und Kommunalparlamente wieder stärker akzeptieren, dass Eigenverantwortung in einer bundesstaatlichen Demokratie (aktuelles Stichwort: Computer in Schulen) genau das ist, was die Bürger erwarten dürfen.

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