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Politik: "Ökosteuer für die Dritte Welt"

Klaus Töpfer ist seit 1998 Chef der UN-Umweltorganisation Unep. Vor wenigen Wochen ist der 63-Jährige von Generalsekretär Kofi Annan für eine zweite Amtszeit in Nairobi berufen worden.

Klaus Töpfer ist seit 1998 Chef der UN-Umweltorganisation Unep. Vor wenigen Wochen ist der 63-Jährige von Generalsekretär Kofi Annan für eine zweite Amtszeit in Nairobi berufen worden. Der CDU-Politiker war von 1987 bis 1994 deutscher Umweltminister, danach bis 1998 Bauminister.

Nachhaltigkeitspolitik soll wirtschaftliche Entwicklung, Ökologie und soziale Belange berücksichtigen. Verweisen Sie dabei gerne auf das deutsche Beispiel?

Ich verweise nicht auf ein deutsches Beispiel. Es ist gut, dass es viele Vorbilder für eine nachhaltige Entwicklung aus vielen Teilen der Welt gibt. Wir brauchen mehr Süd-Süd-Kooperation. Es gibt unglaublich viele Lösungen zum Beispiel im Wasserbereich, die in den traditionellen Kulturen des Südens - im Gegensatz zu uns - glänzend gelöst worden sind. Dieses Schulterklopfen: Seht her, Deutschland ist herausragend und beispielhaft. Das ist nicht gerechtfertigt. Ein "nachhaltiges" Deutschland gibt es nicht.

In Deutschland gibt es seit einem knappen Jahr einen Rat für Nachhaltige Entwicklung, dem Sie auch angehören. Sind seine Vorschläge für den Weltgipfel im Herbst in Johannesburg tragfähig?

Der Beirat hat sich in der kurzen Zeit, die er besteht, bemüht, die wichtigen Themen anzusprechen. Energiepolitik gehört dazu, Landnutzung und Landverbrauch gehört dazu. Da gibt es vieles, was bis nach Johannesburg wirken kann. Es ist die Aufgabe der EU und all ihrer Mitgliedsstaaten in Johannesburg zu zeigen, dass Nachhaltigkeitspolitik nicht nur ein Sachverständigenanliegen ist, sondern die aktuelle politische Realität beeinflusst. Dann werden wir andere auch dazu bekommen, solche Ideen nicht nur mit Freude zu betrachten, sondern Konsequenzen daraus zu ziehen. Dazu gehört, dass wir Technologien und finanzielle Ressourcen verfügbar machen. Nicht als Almosen an Entwicklungsländer, sondern als wichtige Investition in unser aller Sicherheit in der Zukunft. Eine Welt, die große Unterschiede zwischen Arm und Reich aufweist, wird auf Dauer nicht sicher sein.

Welches Signal sollte aus ihrer Sicht von Johannesburg ausgehen?

Von Johannesburg muss das große Signal zu ehrlicher Solidarität ausgehen. Wir brauchen nicht mehr große Erklärungen. Davon haben wir eher zu viel als zu wenig. Wir müssen vorhandene internationale Verträge wirklich einmal umsetzen. Beweisen, dass diese Zusammenarbeit verlässlich ist, als ein globales Abkommen, in das beide Seiten etwas einbringen. Was die Entwicklungsländer einbringen, ist ihre Bevölkerung. Diese jungen Nationen haben das Humankapital der Zukunft. Die entwickelten Länder sind in ihrer Bevölkerung stagnierend. Wir diskutieren Einwanderungsmodelle. Die Entwicklungsländer bringen uns einen unglaublichen Reichtum in der Artenvielfalt. Das Jahrhundert, das jetzt begonnen hat, wird immer als das Jahrhundert der Biologie bezeichnet. Da wird die Artenvielfalt auch ökonomisch wichtig, denken sie an die Biotechnologien. Diese Artenvielfalt haben diese Länder für diese Welt, für uns alle aufbewahrt. Auf der anderen Seite müssen die Industrieländer auch ihre Leistungen einbringen, Technologien verfügbar machen, Finanzmittel aufbringen und private Investitionen ermöglichen.

Mit welchem Ergebnis?

Dann werden wir sehen, dass die Globalisierung, die von vielen so bekämpft wird, ein menschliches Gesicht bekommt, wie UN-Generalsekretär Kofi Annan es immer wieder sagt. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich können schrittweise kleiner werden. Die Belastungen, die von unserer Produktion und unserem Konsum auf die Umwelt ausgehen, müssen geringer werden. Es ist vorsorgende Friedenspolitik, wenn wir eine intakte Umwelt und Entwicklung gewährleisten können.

Warum fällt die Einsicht so schwer, dass Entwicklungshilfe eigentlich Egoismus ist? Wie lässt sich das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe aufzubringen, erreichen?

Es fällt den Menschen immer schwer, das Entferntere so zu würdigen, wie das Nahe. Moralisch etwas überhöht gesagt: Es ist einfacher zu sagen, liebe deinen Nächsten, als liebe deinen Entferntesten - diejenigen, die man nicht sieht, die man nicht kennt, deren Schicksal man nicht teilt. Überall dort, wo wir das Schicksal deutlich machen können, sehen wir die Menschen positiv reagieren. Es ist fantastisch, was über die Hilfswerke beispielsweise der Kirchen in Deutschland an Spenden mobilisiert werden kann.

Der niederländische Umweltminister, Jan Pronk, hat den Vorschlag gemacht, den Ölpreis um zwei bis drei Dollar je Fass (159 Liter) zu erhöhen und diese Einnahmen für eine nachhaltige Entwicklung in der Dritten Welt auszugeben. Was halten Sie davon?

Es ist ein Ansatzpunkt. Ich bin schon lange für eine Ökosteuer. Aber ich finde, man sollte sie so einsetzen, dass sie ihren Zielen auch gerecht wird. Wir setzen in Deutschland die Einnahmen für interne Zwecke ein. Ich halte es für notwendig, das zu überdenken. Darum geht es Jan Pronk, und er hat Recht. Es kann ja wohl nicht das Schlimmste sein, was uns passieren kann, dass der Benzinpreis leicht steigt und jeder Bürger weiß, dass dieses Geld für eine sichere, friedliche Welt gut und verlässlich investiert wird.

Nachhaltigkeitspolitik soll wirtschaftliche Entwic

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