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Öllizenzen: Hoffnungschimmer für Irak

Der Irak braucht dringend Geld, denn die Infrastruktur muss dringend aufgebaut werden. Nun soll die Versteigerung neuer Öllizenzen Geld in die Kassen spülen. Doch die Lage scheint vielen Konzernen zu unsicher.

Krasser können Gegensätze kaum sein. Am Dienstag legten Terroristen in Bagdad das inzwischen vierte Ministerium in Schutt und Asche. 127 Menschen fanden den Tod, über 500 liegen verletzt in den Krankenhäusern. Iraks Premierminister Nuri al-Maliki musste sich tags darauf sechs Stunden lang im Parlament den Abgeordneten stellen, die ihrem Zorn freien Lauf ließen.

Am Freitag nun versuchte der gebeutelte Regierungschef im großen Konferenzsaal des Ölministeriums, die aus aller Welt angereisten Konzernchefs einzustimmen auf einen ganz anderen Irak - ein Land mit den drittgrößten Energiereserven der Welt, ein Land mit einmaligen Investitionschancen und ein Land, was fest an seine Zukunft glaubt.

Öl-Dollars für die Infrastruktur

Wie schon bei der ersten Versteigerung im Juni, war auch diesmal wieder alles, was in der globalen Ölszene Rang und Namen hat, an den Euphrat gereist. 44 Firmen konkurrieren um die insgesamt zehn ausgelobten Ölfelder, darunter Energiegiganten wie BP, Exxon Mobil, Chevron, Total und Shell, aber auch eine Dutzend chinesischer und indischer Konzerne. Die Regierung in Bagdad ist auf ihre Investitionen dringend angewiesen. Denn die Förderanlagen sind in beklagenswertem Zustand. Magere 2,4 Millionen Barrel am Tag fördert das Land derzeit noch - das ist weniger als vor dem Sturz von Saddam Hussein. "Unser Ziel ist es, die Produktion in den nächsten sechs Jahren auf sieben Millionen Barrel zu steigern", erklärte Ölminister Hussein Schahristani. In den kommenden zwanzig Jahren soll dadurch die gigantische Summe von 1,7 Billionen Dollar in die Staatskasse gespült werden. Mit dem Geld will der Irak Schulen, Straßen, Flughäfen, Wohnungen und Krankenhäuser bauen.

Doch bis dahin ist ein dorniger Weg. Denn am Freitag fanden auf Anhieb nur zwei der fünf aufgerufenen Felder einen Abnehmer, die anderen drei in den gefährlichen Gebieten im Osten von Bagdad und in der Provinz Dijala dagegen blieben liegen. Viele Konzernlenker zweifeln, ob ihre Investitionen im Zweistromland sich am Ende nicht doch als ein verlustreicher Albtraum entpuppen könnten. "Die Liste mit Anschlagszielen ist endlos", hatte Al Qaida gerade erst in einem Bekennerschreiben zu dem Megaanschlag vom Dienstag verkündet. "Mit Allahs Erlaubnis" werde man weiterkämpfen, "bis die Scharia wieder das Land und seine Gläubigen regiert".

Schwierige Sicherheitslage

Und was das für die Ölkonzerne heißt, lässt sich leicht ausmalen. Auf den beiden Feldern Majnoon und Halfaya, die am Freitag von der britischen Shell, der China National Petroleum Corporation (CNPC), der französischen Total und der malaysischen Petronas ersteigert wurden, steht noch kein einziger Bohrturm. Auch müssen die Bautrupps und Ingenieure demnächst in einem Land arbeiten, in dem keine amerikanischen Truppen mehr operieren und deren einheimische Sicherheitskräfte als unzuverlässig, korrupt und von Al-Qaida-Spitzeln durchsetzt gelten. Störanfällig ist auch der Export des Rohöls. So werden die Pipelines zum türkischen Hafen Ceyhan ständig durch Attentate unterbrochen. Die größte Hypothek jedoch sind die ungelösten inneren Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen und Regionen. Zum Ärger von Bagdad vermarkten die Kurden ihr Öl inzwischen selbst und träumen von einem unabhängigen Staat. Die Sunniten wiederum fürchten, keinen fairen Anteil an dem übrigen nationalen Geldsegen zu bekommen. Und die schiitisch dominierte Regierung tut wenig, um die Konflikte politisch zu entschärfen. Seit drei Jahren treten die Verhandlungen über ein Ölgesetz auf der Stelle. Diese Woche wurden sie erneut vertagt - bis nach den Parlamentswahlen am 7. März 2010.

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