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Politik: Österreich pokert bei EU-Beitritt Start der Gespräche

mit der Türkei gefährdet

Trotz des klaren Votums des Europaparlaments ist der Weg zum pünktlichen Start der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober noch längst nicht frei. Denn bevor am Montag in Luxemburg die Sektflaschen entkorkt werden können, muss der Verhandlungsrahmen der EU für den europäisch-türkischen Marathon einstimmig beschlossen werden. Davon waren die 25 EU-Regierungen am Donnerstag jedoch noch weit entfernt. Inzwischen schließt die Türkei eine Verschiebung der Gespräche nicht mehr aus.

Die österreichische Regierung fordert nämlich, dass der vorliegende Text des Verhandlungsmandats in einem entscheidenden Punkt nachgebessert wird: Als Ziel der vermutlich zehn bis 15 Jahre dauernden Verhandlungen soll nicht nur die EU-Vollmitgliedschaft der Türkei im Verhandlungsrahmen erwähnt werden, sondern auch ausdrücklich eine bescheidenere Alternative: die „privilegierte Partnerschaft“.

Am Donnerstag kamen in Brüssel die EU-Botschafter zusammen, um den Österreichern diese politisch geradezu explosive Forderung auszureden – vergeblich. Dabei wissen alle, dass die auch von den deutschen Christdemokraten favorisierte „privilegierte Partnerschaft“ für die Türken ein rotes Tuch ist. Mit weniger als der Vollmitgliedschaft in der EU wollen sich die Türken nicht zufrieden geben. So hat Ankara bereits signalisiert, dass man erst im letzten Moment entscheiden wolle, ob man an den Beitrittsverhandlungen teilnimmt oder nicht. Nur wenn die türkische Delegation unter Außenminister Abdullah Gül am Montagmorgen den Text des so genannten Verhandlungsrahmens der EU kenne und für annehmbar halte, werde die Abordnung zur Eröffnung der Verhandlung nach Luxemburg reisen, ließ die türkische Regierung am Donnerstag verlauten. Hochrangige türkische Politiker wie Parlamentspräsident Bülent Arinc werfen den Europäern vor, sie wollten die Türkei durch immer neue Forderungen und Bedingungen dazu bringen, von sich aus die Verhandlungen abzusagen. „Unsere Geduld geht zu Ende“, zitierte eine türkische Zeitung einen Regierungsvertreter.

Österreichs Außenministerin beabsichtigt mit ihrem politischen Manöver wohl etwas anderes: Sie will den Kroaten die Tür zur EU öffnen. Die EU-Regierungen hatten im Frühjahr die Beitrittsgespräche mit Zagreb auf Eis gelegt, weil die kroatische Regierung den vom UN-Kriegsverbrechertribunal gesuchten General Gotovina nicht ausgeliefert habe. Erst wenn Zagreb „vollständig“ mit dem UN-Tribunal zusammenarbeite. Ohne es direkt auszusprechen, hat die österreichische Außenministerin ihre Zustimmung zum Start der Gespräche mit Ankara jetzt an die Haltung der EU zu Kroatien gekoppelt.

Am Sonntagabend werden die EU-Außenminister in Luxemburg zusammenkommen, um beim politischen Poker wieder einmal ihre Karten auszuspielen. Zuvor aber wird Carla del Ponte, die Vorsitzende des Haager UN-Kriegsverbrechertribunals, am Freitag nach Kroatien reisen. Am Wochenende soll sie dann sofort ihren Bericht darüber vorlegen. Sollte er positiv ausfallen, dann könnten die EU- Außenminister grünes Licht geben – für den Start der Gespräche sowohl mit Kroatien als auch mit der Türkei.

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