zum Hauptinhalt
Sein Fall löste die Vertrauenskrise in der Koalition aus: Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.

© dpa

Offene Fragen: Wie es im Fall Edathy weitergeht

Im Fall Edathy ist noch vieles ungeklärt – ob ein Untersuchungsausschuss weiterführt, ist umstritten

Von Antje Sirleschtov

Wichtige Zeugen aus Niedersachsen, die gar nicht kommen, ein ehemaliger Innenminister, der wegen eines drohenden Ermittlungsverfahrens nicht aussagen will, und zwei hohe Beamte, die ihre Sicht der Dinge bereits 48 Stunden vorher zu Protokoll gegeben haben: Nach der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses vom vergangenen Freitag herrscht im Bundestag bezüglich der Aufklärung der Affäre um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy erst einmal Ratlosigkeit. Wie soll man nun herausbekommen, wer wann was gewusst hat über den Fall Edathy? Wer wann was wem darüber gesagt hat? Und vor allem: was daraus wird – für die Koalition, für die Bundesregierung und letztlich auch für die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy selbst?

Die Linkspartei hat am Wochenende den Einsatz eines Sonderermittlers ins Spiel gebracht. Er soll Licht ins Dunkel bringen und herausfinden, ob der ehemalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) womöglich Dienstgeheimnisse verriet, als er SPD-Chef Sigmar Gabriel über den Verdacht gegen Edathy berichtete, der BKA-Präsident Jörg Ziercke über seine Befugnisse hinaus den SPD- Fraktionschef Thomas Oppermann im Oktober 2013 unterrichtet hat und warum die späteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover im Bundestag so desaströs abgelaufen sind, wie es derzeit den Anschein hat.

Die Koalition will keinen Sonderermittler

Doch mit der Idee vom Sonderermittler stehen die Linken ziemlich allein. Die Grünen im Bundestag lehnten den Vorschlag jedenfalls am Sonntag prompt ab. „Das klingt zwar cool, bringt aber nichts“, sagte der Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Tagesspiegel. Ein Sonderermittler könnte entweder von der Mehrheit des Bundestages oder einem Untersuchungssausschuss mit den notwendigen Befugnisse ausgestattet werden. Dass Union und SPD dazu bereit seien, sehe er aber nicht, sagte Notz. Und auch in der Koalition war keinerlei Neigung zu verspüren, einen solchen Sonderermittler einzusetzen.

Bleibt die Frage nach einem förmlichen Untersuchungsausschuss. Den könnten Linksfraktion und Grüne zwar verlangen und gegen die übergroße Mehrheit der Koalition wohl auch durchsetzen, wenn sich die Abgeordneten der Opposition einig wären. Aber auch hier ist wenig Enthusiasmus zu spüren. Was einerseits daran liegt, dass die Vorbereitung und Durchführung eines solchen Untersuchungsausschusses viel Kraft der Fraktionen bindet, der Ausschuss die Frage nach Versäumnissen, Pannen und möglichen Durchstechereien in Niedersachsen nicht klären könnte und vor allem kaum politischer Sprengstoff von dem Ausgang zu erwarten ist. Zwar beteuern Innenpolitiker sowohl aus der Koalition als auch der Opposition, dass ein Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen ist. Sehr wahrscheinlich jedoch ist seine Einsetzung nach Lage der Dinge nicht.

Warum dauerte das Ermittlungsverfahren so lange?

Zunächst halten sich die Innenpolitiker des Parlamentes mit gegenseitigen Verdächtigungen in Schach. Wolfgang Bosbach etwa, der christdemokratische Chef des Innenausschusses, wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass er die Absage der grünen Justizministerin aus Niedersachsen, Antje Niewisch-Lennartz, und des dortigen Leiters der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, zur Sondersitzung des Ausschusses am Freitag nicht hinnehmen will. Von beiden erhofft sich Bosbach Erkenntnisse nicht nur über den Kreis der politischen Mitwisser in Niedersachsen, sondern auch über die Hintergründe der Ermittlungen. Warum etwa vergingen Monate von der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens bis zur Einleitung von Hausdurchsuchungen, warum wurde der Bundestagspräsident per Post und nicht per Boten über die anstehenden Durchsuchungen informiert? Und hinter der Absage von Niewisch-Lennartz und Fröhlich vermutet Bosbach selbstverständlich die Furcht von SPD und Grünen vor zu weit gehender Aufklärung. Für die nächste Sitzung des Ausschusses hat Bosbach die beiden Niedersachsen erneut eingeladen.

Für die Grünen sieht die Sache genau andersherum aus. Sie vermuten, dass Union und vor allem SPD die Angelegenheit zu den Akten legen wollen. „Nebelkerzen“ nennt Notz die Ladungen nach Hannover. Was dort geschehen sei, müsse ein Untersuchungsausschuss im Landtag klären. Er will in der kommenden Woche erst einmal einen umfangreichen Fragenkatalog an die Bundesregierung senden.

Anfang dieser Woche wird sich auch herausstellen, ob die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Hans-Peter Friedrich ein Verfahren wegen Geheimnisverrats eröffnen wird. Eine Bestätigung solcher Pläne war am Wochenende nicht zu bekommen. Sollte das allerdings geschehen, muss die Staatsanwaltschaft Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) unterrichten; danach verliert der Parlamentarier seine Immunität. Und das könnte zumindest der Wut der Union auf Oppermann, der Friedrichs Information zum Edathy-Verfahren an die SPD ausgeplaudert hat, neue Nahrung geben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false