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Politik: Offene Kriegserklärung

Erstmals Anschlag pakistanischer Extremisten auf Schiiten in Afghanistan – 58 Tote.

Einer der schwersten Anschläge in Afghanistan hat womöglich eine weit größere Dimension: Eine pakistanische Terrororganisation bekannte sich am Dienstagabend zu dem Selbstmordattentat auf schiitische Gläubige in Kabul, bei dem am Morgen mindestens 58 Menschen gestorben waren. Das sagte ein Sprecher der Organisation Lashkar e-Jhangvi al-Alami am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa im pakistanischen Peshawar. Ein Attentäter hatte sich zuvor während des schiitischen Aschura-Festes in Kabul in die Luft gesprengt. Auch zu einem zweiten Anschlag in Masar-i-Scharif mit vier Toten bekannte sich die pakistanische Organisation. Die sunnitische Terrorgruppe Lashkar e-Jhangvi al-Alami wurde in der Vergangenheit für Dutzende Anschläge auf Schiiten in Pakistan verantwortlich gemacht. Übergriffe auf das Nachbarland Afghanistan waren bislang nicht bekannt.

Die Konsequenzen für das Verhältnis der beiden Länder und die Auswirkungen auf die extrem gespannten Beziehungen zwischen Pakistan und den USA sind offen. Klar scheint, dass diese Form grenzübergreifenden Terrors in dieser Region eine völlig neue Qualität hat. Die Taliban hatten jede Verantwortung für die Tat sofort bestritten. Sprecher Sabiullah Mudschahid verurteilt die Anschläge als „unmenschlich und unislamisch“. Die Taliban würden es nicht zulassen, dass die Sicherheit der Afghanen im Namen von Religion oder Stammeszugehörigkeit gefährdet werde. Jeder Fünfte der knapp 30 Millionen Afghanen gehört zu den Schiiten.

Schulter an Schulter hatten sich hunderte schiitische Gläubige vor dem Abu-Fazal-Schrein in Alt-Kabul gedrängt, als sich der Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. Mindestens 58 Menschen starben, weitere 150 wurden verletzt. Das gewählte Datum war eine offene Kriegserklärung: Mit dem Aschura-Fest gedenken schiitische Muslime ihres Märtyrers Hussein, eines Enkels des Propheten Mohammed.

Präsident Hamid Karsai hielt sich derweil in Berlin auf, wo er mit Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Christian Wulff zusammentraf. Merkel und Karsai kündigten an, ihre Zusammenarbeit über 2014 hinaus regeln zu wollen. Dabei soll es um das Training der afghanischen Sicherheitskräfte gehen. Einen anschließenden Besuch in London sagte Karsai ab, um frühzeitig nach Afghanistan zurückzufliegen. mit dpa

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