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Offener Brief: Zentralrat: Sen ist kein Antisemit

Der Zentralrat der Juden nimmt den Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, in Schutz. Der ist mittlerweile seines Amtes enthoben worden. Sen hatte in einer türkischen Zeitung von den "neuen Juden Europas" geschrieben.

Berlin - Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich in einem Brief an Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) einerseits von den Äußerungen des beurlaubten Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, distanziert, sich zugleich aber gegen dessen Entlassung gewandt. Sen hatte die Türken vor einem Monat in der türkischen Zeitung „Referans“ als „die neuen Juden Europas“ bezeichnet, in dem Beitrag die Diskriminierung der Türken in Europa beklagt und dies mit der Judenverfolgung bis zum Kriegsende 1945 verglichen. Später distanzierte er sich von dem Vergleich und entschuldigte sich. Die Zeitung „Milliyet“ hatte am Sonntag berichtet, die Präsidentin des Zentralrates, Charlotte Knobloch, habe Sen in einem Gespräch ihre Unterstützung zugesagt und ihn zudem zu einem Treffen nach München eingeladen.

In dem Brief an Laschet weist der Generalsekretär des Zentralrates, Stephan Kramer, Sens Auffassung, die Türken seien die neuen Juden Europas, als „unverhältnismäßig, falsch und indiskutabel“ zurück. Zugleich nimmt der Generalsekretär Sen in dem Schreiben in Schutz: Dieser sei „seit Jahrzehnten ein Freund der jüdischen Gemeinschaft nicht nur in Deutschland“ und sei „weder ein Holocaust-Relativierer noch ein Antisemit“. „Sen hat sich als zuverlässiger Brückenbauer zwischen Juden und Muslimen einerseits und der deutschen christlichen Mehrheitsgemeinschaft andererseits erwiesen“, heißt es in dem Brief weiter. „Wer einen ernsthaften Dialog zwischen diesen drei Gruppen, auch untereinander will, der kann auf Männer wie Faruk Sen nicht ernsthaft verzichten wollen. Statt den Boten der Nachricht zu bestrafen, sollten wir uns alle mehr und ernsthafter mit den Ängsten und Gefühlen der türkischstämmigen Muslime und anderer Minderheiten“ in unserem Land auseinandersetzen.“

Der Vorstand des Zentrums für Türkeistudien hatte nach Sens umstrittenem Vergleich dessen Entlassung beantragt und ihn bis zu einer endgültigen Entscheidung beurlaubt. Das Kuratorium des Zentrums, an dessen Spitze Laschet steht, will auf einer Sondersitzung Mitte Juli über die Personalie Sen entscheiden. Laut „Hürriyet“ vom Sonntag hatten mehrere Mitglieder des Zentrum-Vorstandes, darunter der nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Kufen, mit Rücktritt gedroht, sollte Sen im Amt bleiben. Ob es tatsächlich zu einem Treffen zwischen Knobloch und Sen kommt, wollte Zentralrats-Generalsekretär Kramer gegenüber dem Tagesspiegel nicht bestätigen. Sen habe aber auf eigene Initiative mit Knobloch telefoniert. 

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