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Offensive: Afghanen gehen an die Grenze

Wo die diesjährige Sommeroffensive der Nato und der afghanischen Armee letztlich zum Stehen kommt, darüber können selbst Experten momentan nur mutmaßen. Ist es die letzte Warnung für Pakistan?

Offiziell geht es bei der Operation, die am vergangenen Mittwoch begann, um Rückeroberung von Dörfern in der Umgebung der Stadt Kandahar im Südosten an der Grenze zu Pakistan. Diese werden seit Mitte Juni von den Taliban besetzt gehalten. Radikale Islamisten hatten das lokale Gefängnis gestürmt und ihre Reihen mit Kämpfern aufgefüllt, die dort wegen terroristischer Aktivitäten einsaßen.

Die afghanischen Dienste des US-Auslandssenders Radio Liberty gehen indes davon aus, dass die Offensive die letzte Warnung für Pakistan ist. Indirekt bestätigte dies auch Afghanen-Präsident Hamid Karsai, der im lokalen Rundfunk mit Vergeltungsmaßnahmen jenseits der Grenze drohte. Gemeint waren die pakistanischen Nordwestterritorien, in denen Islamabad wenig zu sagen hat. Sie dienen den Taliban als Aufmarschgebiet für Überfälle in Afghanistan. Auf beiden Seiten der Grenze leben vor allem Paschtunen. Ihre Stammesführer – häufig auf einflussreichen Posten in der pakistanischen Armee und beim Geheimdienst ISI – sympathisieren mit den Taliban, die so gut wie ausschließlich der gleichen Volksgruppe angehören.

Bisher hatte Karsai auf einschlägige Überfälle nur mit verbalem Attacken reagiert. Nach antipakistanischen Protestdemonstrationen in mehreren afghanischen Städten und angesichts nahender Präsidentenwahlen unter Erfolgszwang, trat er jetzt die Flucht nach vorn an: Afghanistan habe ein Recht auf Selbstverteidigung und erwäge „zeitlich und räumlich begrenzte schnelle Aktionen“ auf pakistanischem Gebiet. Von einer Invasion könne daher die Rede nicht sein.

Eine solche hatte Pakistans Außenminister Shah Mehmood Qureshi Afghanistan vorgeworfen. Die territoriale Integrität seines Landes, hieß es in einer Protestnote, die dem Botschafter überreicht wurde, sei bedroht, Kabuls Vorgehen völkerrechtswidrig. Nick Grono von der International Crisis Group sieht das ähnlich: Die grenzüberschreitende Verfolgung von bewaffneten Aggressoren, sagte er in einem Interview, sei durch internationales Recht nur in Gewässern gedeckt, würde aber auf dem Festland vom Internationalen Gerichtshof als Aggression qualifiziert werden.

Unterdessen gingen im Osten Afghanistans aus Protest gegen die Tötung von zwei Zivilisten bei einem Einsatz der US-geführten Truppen 200 Dorfbewohner auf die Straße. Die Demonstranten im Distrikt Chogjani forderten die Bestrafung der Verantwortlichen, wie Augenzeugen berichteten. (mit AFP)

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