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Politik: Ohne Absprache

Stoiber verärgert mit seinem Akutprogramm die CDU. Und stört damit die Suche nach einer einheitlichen Linie der Union

Die Aufgabe der Opposition sei einfach, hat ein britischer Premierminister einmal gesagt: Alles ablehnen, nichts vorschlagen. Ganz so einfach ist es für die derzeitige Opposition in Berlin nicht. Die Union will einen Weg zwischen Blockieren und Mitgestalten gehen. Das scheint nicht so einfach zu sein, wie ihre Köpfe es sich ausmalten, als sie die Mehrheit im Bundesrat als Waffe gegen Rot-Grün auszugestalten dachten. Bei Steuerpaket, Beamtenbesoldung oder Zuwanderung ist die Linie der Union nicht klar.

Für diesen Freitag war ein großer Auftritt gegen die Bundesregierung in der Länderkammer geplant. „Schröders PR-Coup“, wie ein Unionsmann die Reformrede des Kanzlers nennt, kam dazwischen. CSU-Chef Edmund Stoiber wird daher nicht im Bundesrat sein, er redet im Bundestag und verärgerte die CDU damit, unabgesprochen ein eigenes „Akutprogramm“ vorstellen zu wollen. CDU-Chefin Angela Merkel lehnte umgehend Stoibers Forderung ab, die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf ein Jahr zu beschränken. Er müsse eben zeigen, dass er noch Wahlen gewinnen wolle, heißt es in der CDU über Stoiber. In Bayern wird am 21. September gewählt.

Die Bayern-Wahl dürfte auch der Grund sein, dass die Union beim Zuwanderungsgesetz uneins wirkt. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) rechnet nicht mehr mit einer Einigung vor dem Sommer. Er will auch nicht den kleinen, nur auf Integrationsmaßnahmen zielenden Konsens mit Rot-Grün, den die CSU allenfalls akzeptieren will. Müller gibt vor, weiter für eine Gesamtlösung der Zuwanderungspolitik zu stehen. Auch beim Steuervergünstigungsabbaugesetz ist die Ablehnung nicht so eindeutig, wie sie klingt. Denn die Union will wie Rot-Grün die Körperschaftsteuer so regeln, dass sich die Einbrüche der vergangenen Jahre nicht wiederholen. In Eichels Steuerpaket macht der Unternehmensbereich in allen Jahren bis 2006 immerhin mehr als die Hälfte des Gesamtvolumens aus. Damit kalkulieren wohl auch CDU-Länder in ihren Haushalten. Am Donnerstagabend wollte die Unionsspitze in Berlin über einen Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) für das zu erwartende Vermittlungsverfahren beraten.

In der Spitzenrunde war auch die Beamtenbesoldung Thema. Hier konnten sich die Unionsländer seit Dezember nicht darauf einigen, wie sie nach der Ablehnung des Berliner Vorstoßes einer Öffnungsklausel im Bundesgesetz verfahren wollen. Während einige Unionsländer eher dem Vorschlag des Beamtenbundes zuneigten, auf Öffnungsklauseln zu verzichten und dafür bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu kürzen, wollten andere – nicht zuletzt Bayern – auf mehr Ländereigenständigkeit nicht verzichten. Am Donnerstag war unklar, ob sich eine gemeinsame Linie würde finden lassen. Zumal auch Stoibers unabgesprochener Redevorstoß die Spitzenrunde beschäftigte.

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