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Politik: Ohne Verantwortung

Donald Rumsfeld gelobt Besserung – und wird wohl trotz der Affäre um Abu Ghraib im Amt bleiben

Hochmut kommt vor dem Fall? Ach was. Donald Rumsfeld, US-Verteidigungsminister, wird wegen der Folteraffäre nicht zurücktreten. Zurzeit ist er im Urlaub. Per Videokonferenz wird er über die Ergebnisse jener Untersuchungskommissionen informiert, die sich mit den Vorfällen im irakischen Gefängnis Abu Ghraib befasst haben. Seine Reaktionen sind knapp. Artig bedankt er sich für die Arbeit der Kommissionen, die er selbst ins Leben gerufen hat, und verspricht, „notwendige Veränderungen“ vorzunehmen.

Hybris rächt sich? Von wegen. Rumsfeld hatte vor dem Irakkrieg all jene zum Schweigen gebracht, die Bedenken gegen seine Invasionspläne anmeldeten. General Eric Shinseki etwa, der Armeechef. Er hatte die Truppenstärke – halb so viele Soldaten wie im ersten Golfkrieg – als zu gering kritisiert. Dafür erhielt er einen Rüffel. Als dann die ersten Plünderungsbilder aus Bagdad übermittelt wurden, spielte Rumsfeld das sich abzeichnende Chaos herunter. Das seien Zeichen der neuen Freiheit. Nach dem Sturz einer Diktatur gehe es nun einmal „unordentlich“ zu.

All das ist wieder präsent. Eine vierköpfige Kommission, geleitet von Ex-Verteidigungsminister James Schlesinger, hatte am Dienstag der Pentagonführung indirekt eine Mitschuld an den Misshandlungen gegeben. Und tags darauf wurden 27 Mitglieder des US-Militärgeheimdiensts schwer belastet. Sie hätten Misshandlungen angeordnet oder abgesegnet, heißt es in einem Untersuchungsbericht der Streitkräfte. Im Vorfeld des am Montag beginnenden Parteitags der Republikaner in New York rückt das Thema wieder in den Vordergrund. Der Irakkrieg und seine Folgen: Für Präsident George W. Bush und dessen Administration ist das im Wahlkampf die größte Belastung. Erneut mit der Schmach des von ganz oben begünstigten inhumanen Treibens konfrontiert zu werden, verstärkt das Unbehagen, das viele Amerikaner im Rückblick auf die Operation „Iraqi Freedom“ empfinden.

Das Urteil der Kommission ist trickreich. Um nicht der Illoyalität geziehen zu werden, betonen alle vier Mitglieder, Rumsfeld müsse im Amt bleiben. Ein Rücktritt würde nur den Feinden Amerikas nützen. Sie loben ihn sogar für seine Bereitschaft, die Folteraffäre lückenlos aufdecken zu wollen. Doch implizit werfen sie dem Pentagon Versagen vor. Die Truppenstärke sei zu gering gewesen, das Ausmaß der Rebellion grob unterschätzt worden. In Abu Ghraib seien auf einen Bewacher mitunter 75 Gefangene gekommen. Zudem habe Konfusion geherrscht, welche Verhörmethoden erlaubt seien.

Bislang müssen sich nur sieben Soldaten wegen der Misshandlungen vor Gericht verantworten. Die Kommission indes listet 300 solcher Vorfälle auf. Harold Brown, Ex-Verteidigungsminister und Mitglied der Kommission, glaubt, „viele Karrieren“ würden nun „ruiniert“.

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