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Politik: Ohrfeige für den Premier

In Thailand verweigern Millionen Wähler Ministerpräsident Thaksin die Gefolgschaft

An der Wahlurne angekommen, vergewissert sich der Politikprofessor, dass alle Kameras auf ihn gerichtet sind. Dann hebt Chaiyan Chaiyaporn seinen Wahlzettel hoch und zerreißt ihn. „Ich bin unzufrieden mit den Machenschaften von Premier Thaksin“, ruft er den Journalisten zu, bevor ihn Polizisten festnehmen. In Thailand ist es verboten, Wahlzettel zu zerstören.

Am Montagabend war klar, dass Millionen Thais die Parlamentswahl vom Sonntag zum Protest genutzt haben. Die Beteiligung lag bei 60 Prozent, obwohl Wahlpflicht herrscht, und bei Verweigerung der Verlust des Wahlrechts droht. Die drei größten Oppositionsparteien hatten nicht einmal Kandidaten aufgestellt. So kreuzten in Bangkok die Hälfte der Wähler „Keine Stimme“ an, nur 46 Prozent wollten in der Hauptstadt, dass die Partei „Thais lieben Thais“ (TRT) weiterregiert. Deren Chef, Premier Thaksin Shinawatra, hatte zuvor angekündigt: „Sollten wir weniger als die Hälfte der Stimmen bekommen, gehe ich.“ Klar ist, dass die TRT auch im Süden mäßig abgeschnitten hat.

Thaksin Shinawatra ist seit 2001 Premier. Der reichste Mann des Landes brachte die Wirtschaft in Gang, ermöglichte Armen günstige Arztbesuche und gab allen ländlichen Gemeinden Entwicklungskredite. Vor allem im Norden, wo der 56-Jährige aufwuchs, verehren ihn die Menschen, ebenso im Osten, wo Armut herrscht, die er bekämpft wie kein Regierungschef vor ihm. Anfang 2005 wurde Thaksin triumphal wiedergewählt, die TRT gewann drei Viertel der Parlamentssitze. Aber im Süden, Hochburg der Opposition, konnte Thaksin den Konflikt zwischen muslimisch-malaiischer Minderheit und den thai-buddhistisch Sicherheitskräften nicht entschärfen. Fast täglich sterben dort Menschen. Dazu gängelte Thaksin in Bangkok die Medien, verklagte Kritiker wegen angeblicher Verleumdung und sorgte dafür, dass er selbst noch reicher wurde. Im Januar ermöglichte eine Gesetzesänderung den Verkauf eines familieneigenen Aktienpaketes ins Ausland. Der Thaksin-Clan erhielt steuerfreie 1,85 Milliarden US-Dollar. Gegen die Machenschaften von „Asiens Berlusconi“ protestierten zehntausende, manchmal mehr als 100 000 Menschen.

Die Neuwahl sollte ein frisches, starkes Mandat den Protest ersticken. Doch die vielen Enthaltungen haben den sonst so selbstbewussten Thaksin offenbar nachdenklich gemacht. „Meine TRT hat 16 Millionen Stimmen gewonnen, zehn Millionen haben sich enthalten oder andere Parteien gewählt“, sagt er im Fernsehen. Das entspräche mehr als 60 Prozent Zuspruch. Er kündigt an, er wolle aus Richtern und anderen angesehenen Persönlichkeiten eine Versöhnungskommission bilden. Diese könne entscheiden, ob er zurücktreten oder weiterregieren soll. Ein anderer Sender berichtet dagegen, es seien erst 85 Prozent der Stimmen ausgezählt, die TRT stehe landesweit bei 44,4 Prozent. Dann hätte Thaksin das sich selbst gesetzte Ziel der absoluten Stimmenmehrheit verpasst.

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