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Oligarchen in der Ukraine: Die Angst der Reichen

Sie haben bislang weite Teile der ukrainischen Wirtschaft und Politik kontrolliert. Nun aber könnten sie an Rückhalt und Einfluss verlieren. Welche Zukunft haben die Oligarchen in der Ukraine?

Seit der Revolution von Kiew ist die Gruppe der Oligarchen in der Ukraine verunsichert. Während ein Teil um die Zukunft bangt, hat sich ein anderer offenbar mit der neuen politischen Führung in Kiew engagiert. So ist der ostukrainische Stahlunternehmer Sergej Taruta seit Anfang März Gouverneur von Donezk, der wirtschaftlich wichtigsten Region der Ukraine. Taruta hatte es während der Amtszeit von Viktor Janukowitsch verstanden, sich nicht zu stark an den Clan des prorussischen Präsidenten zu binden. Er galt immer auch als Unterstützer der Opposition, weshalb ihn Interimspräsident Alexander Turtschinow zum Verwaltungschef ernannte.

Zuerst hatte man den Posten Rinat Achmetow angeboten, der mit einem Vermögen von 16 Milliarden US-Dollar der reichste Mann der Ukraine ist und laut „Forbes Magazine“ Platz 47 unter den weltweit 100 reichsten Menschen belegt. Mit seiner Unternehmensgruppe System Capital Management (SCM) kontrolliert er komplette Wirtschaftszweige in der Ukraine – Schwerindustrie, Telekommunikation und Medien. Er hatte die Partei von Viktor Janukowitsch und dessen Wahlkämpfe mit mehreren hunderten Millionen Euro finanziert.

„Achmetows Frankenstein“ schrieben ukrainische Medien im vergangen Jahr, als immer deutlicher wurde, dass der Präsident keine wirtschaftliche Anbindung an die EU wollte, sondern eine Mitgliedschaft der Ukraine in der von Russland kontrollierten Zollunion favorisierte. Dieser Kurs lief auch den Interessen der meisten ukrainischen Oligarchen diametral entgegen. Längst haben sie ihre Firmen nach Europa verlegt. Achmetow ist in England und Italien aktiv, das Gleiche gilt für die Nummern drei und vier, für Igor Kolomoiskij und Viktor Pintschuk. Die Übergangsregierung in Kiew hatte Pintschuk den Posten des Gouverneurs von Zaporischja angeboten, doch der Milliardär lehnte ab. Zugegriffen hat Igor Kolomoiskij, er regiert nun als Gouverneur von Dnipropetrowsk.

Nichts fürchten Achmetow, Kolomoiskij und Co mehr als den Zugriff russischer Oligarchen auf ihre Assets. Eine engere Anbindung an Europa würde den Oligarchen Rechtssicherheit und neue Märkte bringen. Selbst der bisher so öffentlichkeitsscheue Rinat Achmetow rief Russland jetzt dazu auf, die Souveränität der Ukraine zu achten und sprach sich gegen jede Form des Separatismus aus. Außerdem forderte er die politischen und gesellschaftlichen Kräfte seines Landes dazu auf, Kompromisse zu finden. „Wir müssen in der jetzigen, schwierigen Situation zusammenarbeiten“, sagte der 47-Jährige vergangene Woche.

Nicht alle sind dazu bereit oder geeignet. Den Klujew-Brüdern, Andreij und Sergej, die zweitreichsten Menschen der Ukraine, wurden die Konten in der EU und den USA gesperrt, sie werden per Haftbefehl gesucht. Andreij Klujew gilt als engster politischer Vertrauter von Janukowitsch, zuletzt war er Leiter des Präsidialamtes. Während der Maidan-Proteste soll er für Gewalttaten gegenüber Protestlern und Journalisten verantwortlich gewesen sein. Sein Bruder war Parlamentsabgeordneter der Partei der Regionen. Dmitri Firtasch, ein anderer Gefolgsmann von Janukowitsch, wurde zuletzt in Österreich verhaftet.

Rinat Achmetow war lange Zeit vor allem in der Ostukraine sehr beliebt. Dort beschäftigt er den Großteil seiner rund 200 000 Angestellten. Lohn und Sozialleistungen liegen bei den Achmetow-Firmen deutlich über dem ukrainischen Durchschnitt. Doch wie groß ist sein Rückhalt heute? In den vergangenen Tagen kam es in Donezk immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen proukrainischen und prorussischen Gruppen. Die Menschen sind wütend und verunsichert. „Ein Teil sehnt die harte Hand Putins herbei, ob wir hier dann aber mehr Wohlstand bekommen, ist zweifelhaft“, schreibt die Internetzeitung Novosti Donbassa.

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