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Olympia-Protest

© dpa

Olympische Spiele: Wie zeigt man Peking die Rote Karte?

Die Unruhen in Tibet und das harte Vorgehen der Chinesen gegen Mönche und Demonstranten haben den Ruf nach einem Boykott der Olympischen Spiele in Peking laut werden lassen. Doch er gilt als das letzte Mittel. Kann man Peking auch mit anderen Protest-Formen beeindrucken?

Noch setzen die wichtigsten Entscheider auf Vermittlung. Der für Sport zuständige Innenminister Wolfgang Schäuble etwa spricht sich gegen einen Boykott aus. Sein Argument: "Wir setzen auf eine Öffnung Chinas und hoffen, dass die Spiele sie fördern". Und: Man dürfe vom Sport nicht verlangen, dass er Probleme löse, welche die Politik noch nicht lösen konnte. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich bereits entschieden gegen einen Boykott der Olympischen Spiele ausgesprochen. Ebenso hat sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) festgelegt und erklärt, eine Mannschaft nach Peking zu entsenden. Die Wirtschaft hält sich ohnehin raus: "Wandel durch Handel" heißt hier weiterhin die Devise.

Fragt man den Bürger auf der Straße ist die Stimmung eine andere. Mehr als die Hälfte der Deutschen sind für einen Olympia-Boykott, sollte sich die Lage in Tibet weiter verschärfen. Noch tobt die Debatte und Wirtschaftsverbände wie Menschenrechtler werfen ihre Argumente in die Runde. Doch derzeit sieht es nicht danach aus, als käme es im August von deutscher Seite zu einem Boykott des sportlichen Großereignisses. Sicher ist aber auch: Ohne Protest wird Olympia nicht über die Bühne gehen. Welche andere Möglichkeiten gibt es, vor und während der Spiele, China die Rote Karte zu zeigen?

Der Teil-Boykott

Viele Politiker wie der polnische Premier Donald Tusk oder der tschechische Präsident Vaclav Klaus wollen der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele fern bleiben. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Teilnahme bislang offen gelassen. Am Freitag wollen die EU-Außenminister bei ihrem informellen Treffen in Slowenien zudem die Möglichkeit eines gemeinsamen Boykotts der Eröffnungsfeier erörtern.

Peking reagiert auf solche Überlegungen gelassen. Die Teilnahme an der Zeremonie sei letztlich Sache der nationalen olympischen Komitees, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag. Die Signalwirkung eines Teil-Boykotts darf dennoch nicht unterschätzt werden. Wenn die politische Klasse ihre Teilnahme am Olympia-Auftakt wahr macht, könnte das mehr bewirken als all die kleinen Demonstrationen von unten.

Druck durch Sponsoren

Der Außenexperte der Grünen, Jürgen Trittin, will die Sponsoren bei den Olympischen Spielen in China in die Pflicht nehmen. Sponsoren hätten "eine mindestens genauso große Verantwortung" wie "beispielsweise die Sportler selber", sagte Trittin im RBB-Inforadio. "Sollte es zu einer nachhaltigen Beschädigung des Images der Olympischen Spiele in Peking kommen, wären davon natürlich und vor allen Dingen auch und gerade die Sponsoren betroffen".

Doch die zwölf Hauptsponsoren, darunter Adidas, Omega und Coca Cola, haben bereits jeweils rund 100 Millionen Dollar in die Spiele investiert. Ihr Ziel: eine globale Werbewirkung und die Positionierung auf dem boomenden chinesischen Markt. Ihnen liegt also herzlich wenig daran, Pekings Funktionäre zu vergrätzen. Die logische Folge daraus könnte sein, dass viele Verbraucher ihrerseits die Olympia-Sponsoren boykottieren.

Sportler setzen Zeichen

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU) forderte das IOC auf, Proteste der Sportler während der Sommerspiele zu erlauben. "Auch das IOC muss damit leben können, wenn sich Sportler zur Siegerehrung Protest-T-Shirts anziehen". Die Reaktion von DOSB-Präsident Bach: Jedem Sportler stehe es frei, sich vor, während und nach den Spielen zu äußern. Politische Demonstrationen an Wettkampfstätten seien aber untersagt. "Wir wollen ja auch nicht, dass bei der Eröffnungsfeier Sportler die Porträts ihrer politischen Führer durchs Stadion tragen oder Diktaturen für sich werben", argumentierte der IOC-Vizepräsident.

Bei den Olympischen Spielen in Mexiko 1968 zeigten die schwarzen US-Sportler Tommie Smith und John Carlos als Protest gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung die erhobene, schwarze Faust der Black-Power-Bewegung. Das Bild ging um die Welt, die beiden Athleten wurden jedoch auf Druck des IOC von dem Wettbewerb abgezogen.

Protest von unten

Die kitschige Zeremonie im Hain von Olympia mit der Entzündung des olympischen Feuers wurde bereits von Demonstranten gestört. Ein Protestler hielt ein schwarzes Tuch mit fünf olympischen Ringen in Form von Handschellen in die Fernsehkameras. Das griechische Fernsehen blendete den Vorfall verschämt aus, doch die Fotos waren überall zu sehen.

Derlei Proteste werden auch den Fackellauf rund um den Globus begleiten. Er wird ein Hauptziel von Demonstranten und Exil-Tibetern sein, um auf Unterdrückung und Gewalt in Tibet aufmerksam zu machen.

Keine schnelle Lösung

Wie viel Protest ist nötig? Wie viel Protest verträgt China, das Riesenland, das gerade dabei ist, sich dem Westen zu öffnen? Während Funktionäre aus Sport und Wirtschaft sich schnell aus der Verantwortung stehlen, können Sportler und Demonstranten nur kleine Zeichen aussenden. Die Politik ist gefragt. Doch sie zögert, denn sie bewegt sich auf dünnem Eis. Ein voreilig ausgerufener Boykott kann Jahre der Annäherung mit einem Schlag zunichte machen. Doch genauso wenig darf den Menschenrechtsverletzungen tatenlos zugesehen werden. Eine schnelle Lösung für diesen diplomatischen Drahtseilakt wird es so schnell nicht geben. Aber noch ist Zeit. In etwas mehr als vier Monaten beginnen die Olympischen Spiele in Peking.

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