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Politik: Operation Achilles

Die Frühjahrsoffensive der Nato in Südafghanistan richtet sich gegen Taliban und Drogenhändler

Die von der Nato geführte Internationale Schutztruppe Isaf hat in Afghanistan ihre Frühjahrsoffensive gegen die erstarkten Taliban begonnen. Die „Operation Achilles“ rollte am Dienstagmorgen in der Unruheprovinz Helmand an, wo erste Soldaten ihre Posten bezogen. Mit der Großoffensive will die Isaf den angedrohten Attacken der Taliban zuvorkommen und diese zurückdrängen. Das zeitlich unbefristete Einsatz konzentriert sich auf den umkämpften Süden des Landes – und richtet sich auch gegen den Drogenschmuggel. Die UN befürchten, dass der Opiumanbau am Hindukusch in diesem Jahr ein neues Rekordhoch erreicht.

Isaf-Regionalkommandeur Generalmajor Ton van Loon spricht von der größten gemeinsamen Militäroperation von Isaf- und afghanischen Truppen. Auf dem Höhepunkt werde der Einsatz mehr als 4500 Isaf- und knapp 1000 afghanische Soldaten umfassen. Die Taliban hatten bereits mit einem blutigen Frühling gedroht und Selbstmordanschläge angekündigt.

Noch am Dienstag forderte die „Operation Achilles“ bei der Isaf ihr erstes Opfer: Ein Soldat, dessen Nationalität zunächst unklar blieb, wurde bei Kämpfen getötet. In Helmand sind vor allem Briten stationiert. Derzeit sind rund 35 000 Isaf-Soldaten und 14 000 Soldaten der US-geführten Koalitionstruppen in Afghanistan im Einsatz. Nach Winter und Schneeschmelze verschärfen sich regelmäßig die Kämpfe. Bereits in den vergangenen Jahren haben die ausländischen Truppen mit Großoffensiven versucht, die Taliban zurückzudrängen – bisher ohne Erfolg, die Sicherheitslage ist desolater denn je. Das vergangene Jahr war das blutigste seit dem Sturz der Taliban 2001. Mehr als 4000 Menschen starben bei Kämpfen und Angriffen, an die 140 Selbstmordattentate wurden verübt und die Taliban scharten neue Kämpfer um sich. Ihr Anführer Mullah Dadullah prahlte, er befehlige ein Heer von 6000 potenziellen Selbstmordattentätern.

Die „Operation Achilles“ kam auf Bitten Kabuls zustande und soll zunächst mehr Sicherheit im Norden Helmands schaffen. Dort haben die Taliban seit dem 1. Februar den Distrikt Musa Kala in ihrer Hand. Helmand gilt als Hochburg des Opiumanbaus. Die UN stuften den Drogenhandel in einem jüngsten Bericht als Sicherheitsrisiko ein. Bereits 2006 war die Opiumernte um weitere 25 Prozent nach oben geschnellt. Dabei konnte der Anbau zwar im Norden und im Zentrum des Landes zurückgedrängt werden, doch in den südlichen Provinzen Helmand und Kandahar stieg er steil an.

Afghanistan bestreitet 90 Prozent des weltweiten Opiumhandels. Die Drogengelder dienen auch den Taliban dazu, Terrorattacken zu finanzieren und Kämpfer zu rekrutieren. „Es ist klar, dass die Aufständischen Einnahmen erzielen, mit denen sie ihre Fußsoldaten bezahlen und Waffen kaufen“, sagte der Direktor der UN-Drogenbehörde, Antonio Maria Costa. Zeitgleich mit dem Beginn der Offensive protestierten in der an der Grenze zu Pakistan gelegenen Stadt Dschalalabad hunderte Menschen wegen der Tötung mehrerer Zivilisten durch US-Soldaten am Sonntag. Im vergangenen Jahr starben die meisten Menschen seit dem Sturz der Taliban durch Gewalttaten vor allem im Süden, mehr als 4000 Zivilisten wurden getötet. Im Rahmen des Afghanistan- Einsatzes starben bisher insgesamt fast 500 ausländische Soldaten, davon 159 in diesem Jahr.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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