zum Hauptinhalt

Politik: Operation Einigung

Im Tarifstreit bewegen sich Länder und Klinikärzte aufeinander zu – die Mediziner beharren nicht mehr auf 30 Prozent mehr Gehalt

Für viele Politiker gehört eine ordentliche Position Mut dazu, stringent und unbeweglich aufzutreten. Für Hartmut Möllring, den Verhandlungsführer der Länder im Tarifstreit mit den Ärzten an Uni-Kliniken und Bezirkskrankenhäusern, ist eher das Gegenteil der Fall. Sollte der niedersächsische Finanzminister tatsächlich auf die Gegenseite zugehen und sich für einen Kompromiss öffnen? Das wäre für ihn ungewöhnlich, aber vielleicht ist es der einzige Weg, den wochenlangen Dauerstreik endlich zu beenden.

Am Freitag trafen sich Länder-Tarifgemeinschaft und Klinikärzte erneut in München – und diesmal stand die Begegnung erstmals nach siebenwöchigem Streik unter guten Vorzeichen. Bei den Themen Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgelt seien in den Vorgesprächen „Leitplanken“ gezogen worden, „innerhalb derer wir zu einem Kompromiss kommen können“, sagte der Vorsitzende des Klinikärzteverbands Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, der ARD. Er zeigte sich bereit, von der Forderung nach 30 Prozent mehr Gehalt abzuweichen, verlangte aber einen Ausgleich für Gehaltsminderungen vergangener Jahre, dazu „ein ordentliches bisschen drauf“ und vernünftige Regelungen bei Arbeitszeit und -bedingungen. Bei Redaktionsschluss saßen die Verhandler noch zusammen – notfalls werde man die Nacht dran geben, hieß es beim Marburger Bund.

Bei Möllring überwogen auch am Freitag noch die skeptischen Töne. Bisher hat sich der CDU-Politiker durch seine Schärfe ausgezeichnet – gegenüber der Gewerkschaft Verdi wie im Konflikt mit den Klinikärzten. Die öffentliche Sympathien blieb dennoch weitgehend auf Seiten der Landesregierungen. Für den Verdi-Streik gegen 40-Stunden-Woche und für Weihnachtsgeld fehlt bisher die große Unterstützung. Und das Anliegen der Ärzte wird zwar grundsätzlich gutgeheißen, die Forderung nach 30 Prozent mehr Lohn jedoch von vielen als frech und unangemessen empfunden.

Mit seinem Versuch, Gesundheitsministerium und Krankenkassen einzubinden, ist Möllring gescheitert: Beide schlugen seine Einladung, an Gesprächen teilzunehmen, aus. Nun wächst für Möllring das Risiko: Der Ärger der Patienten könnte sich irgendwann auch gegen Möllrings Unfähigkeit zum Kompromiss richten. Das gilt umso mehr, als der Verhandlungsführer auf Länderseite als Scharfmacher gilt. Und die Ärzte haben nochmals draufgelegt. In Heidelberg, Freiburg und Tübingen, so drohten sie, werde von Montag an zwei Wochen am Stück gestreikt. Es ist kaum denkbar, dass die Kliniken derartige Ausfälle lang verkraften.

Möllring scheint die Gefahr erkannt zu haben. Man sei schon „sehr weit aufeinander zugegangen“, sagte er vor dem Treffen in München. Solche Worte sind ungewöhnlich für den „harten Hartmut“. Und er plauderte sogar Details aus. Die ursprüngliche Ärzteforderung nach 30 Prozent mehr Gehalt sei zwar „abwegig“. Unter bestimmten Umständen seien aber zweistellige Zuwächse vorstellbar. Wenn sich etwa die Arbeitszeit individuell auf 48 Stunden hochfahren lasse, müsse dies entsprechend vergütet werden. 20 Prozent wären das dann schon mal.

Mit Mehrarbeit hätten die Ärzte kein Problem, beteuert Montgomery. „Wir wollen es nur bezahlt bekommen.“ Das hört sich so unvereinbar nicht mehr an.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false