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Politik: Operationen nicht mehr für Alte?

Wissenschaftler wollen aufwändige Behandlungen nur noch für Menschen bis 75 Jahre / Ethikratsmitglied: Nicht zu rechtfertigen

Berlin. Ärzte und Vertreter des Nationalen Ethikrats haben sich gegen Altersgrenzen für teure medizinische Leistungen ausgesprochen. „Es gibt kein Alter, ab dem das zu rechtfertigen wäre“, sagt Eckhard Nagel, Professor an der Universität Bayreuth und Mitglied des Ethikrats, dem Tagesspiegel. „Jede Grenze wäre willkürlich.“ Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Unions-Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) lehnten den Vorstoß ab.

Deutsche Wissenschaftler hatten sich in der ARD-Sendung „Report Mainz“ dafür ausgesprochen, älteren Menschen bestimmte Behandlungen nicht mehr zu bezahlen. Wer älter als 75 Jahre sei, solle zum Beispiel keine Herzoperation mehr bezahlt bekommen, fordert der Gesundheitsökonom Friedrich Breyer. Der Nutzen sei zu gering, die Kosten zu hoch, argumentiert der Professor. Auch nach Ansicht des katholischen Theologie- Professors Joachim Wiemeyer müssten vor „allen Dingen für Jüngere medizinische Leistungen“ bereitgestellt, „aber nicht jede lebensverlängernde Maßnahme für sehr alte Leute“ bezahlt werden. In solchen Fällen könne man sich auf die Behandlung akuter Schmerzen beschränken, sagte Wiemeyer weiter.

Nagel bezweifelt, dass sich mit einer solchen Altersgrenze überhaupt nennenswerte Einsparungen im Gesundheitswesen erzielen ließen. Die meisten Kosten entstünden innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Tod. In welchem Alter ein Patient sterbe, lasse sich aber nicht vorhersagen. Die Niederlande waren mit einem ähnlichen Sparpaket gescheitert: Über 50-Jährige sollten keine Herztransplantationen mehr bezahlt bekommen. Der Widerstand in der Bevölkerung war so groß, dass die Regierung nicht mal einen Gesetzentwurf vorlegte.

Die Bundesärztekammer warnte vor „Euthanasie unter anderen Vorzeichen“. Damit würde die Menschenwürde zum bloßen Konjunktiv verkommen, sagte Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Die Ärzteschaft werde sich nicht in einen „Ökonomisierungswahn des Gesundheitswesens“ hineinziehen lassen. Ärzte seien dem Leben und der Erhaltung der Gesundheit verpflichtet. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung warnte vor der Unterscheidung zwischen „wertem und unwertem Leben“.

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