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Politik: Opfer von Nato-Angriff scheitern mit Klage

Köln - Deutschland muss serbischen Opfern eines Nato-Angriffs auf die Kleinstadt Varvarin während des Kosovokriegs keine Entschädigung zahlen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln am Donnerstag in einem Berufungsverfahren.

Köln - Deutschland muss serbischen Opfern eines Nato-Angriffs auf die Kleinstadt Varvarin während des Kosovokriegs keine Entschädigung zahlen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln am Donnerstag in einem Berufungsverfahren. 35 Einwohner des Ortes hatten die Bundesrepublik stellvertretend für alle auf dem Balkan beteiligten Nato- Staaten verklagt. Das OLG berief sich auf das humanitäre Völkerrecht, wonach nur ein Staat sein Recht auf Reparationszahlungen gegenüber einem anderen Staat geltend machen kann, niemals jedoch ein einzelner Bürger (Az: 7 U 8/04).

Die Bürger von Varvarin hatten juristisches Neuland betreten: Bislang mussten deutsche Gerichte nur über Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkrieges urteilen, nun erstmals über die Auswirkungen eines späteren kriegerischen Konflikts. Zu den Klägern gehören die Eltern von getöteten Kindern, die am 30. Mai 1999 zum Fest der Heiligen Dreifaltigkeit über die kleine Brücke von Varvarin flanierten. Im Umfeld der Brücke waren über 300 Marktstände aufgebaut, in der Kirche fand ein Gottesdienst statt. Plötzlich kreisten Nato-Kampfflugzeuge über der Stadt. Ohne Vorwarnung fielen die ersten Bomben, zerstörten die Brücke über die Morawa. Wenige Minuten später warfen die Bomber erneut ihre explosive Fracht ab. Dabei starben zehn Zivilisten, 30 Menschen wurden verletzt, darunter 17 schwer. Bis heute ist ungeklärt, warum die Brücke von Varvarin überhaupt Angriffsziel war.

Unstreitig war für das OLG, dass an dem Raketenangriff keine deutschen Flugzeuge unmittelbar beteiligt waren. Es lasse sich außerdem nicht feststellen, dass allein schon die Aufnahme dieser Brücke in die Ziellisten der Nato „offensichtlich völkerrechtswidrig“ gewesen sei. Die Kläger hatten stets damit argumentiert, dass die Bundesregierung als Nato-Mitglied von ihrem Vetorecht keinen Gebrauch gemacht habe. Da Revision beim Bundesgerichtshof möglich ist, bleibt den Klägern die Hoffnung, dass möglicherweise auf dem zivilrechtlichen Weg noch eine Entschädigung erreicht werden kann.

Ingrid Müller-Münch

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