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Gregor Gysi

© Thilo Rückeis

Opposition: Rente mit 67: Nicht mit links

Im Streit um die Rente mit 67 könnte es eine Annäherung der Oppositionsparteien geben. Aber noch diskutiert die SPD. Die Propagandamaschine der Linkspartei läuft auf Hochtouren.

Von Matthias Meisner

Berlin - Seit Tagen versuchen die Truppen von Gregor Gysi, das Thema Rente mit 67 zu spielen und einen neuen Anknüpfungspunkt für ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen Oppositionsparteien SPD und Grünen zu finden. „Es gibt immer mehr in der SPD, die Zweifel an der Rente mit 67 haben“, verkündete der stellvertretende Parteivorsitzende Heinz Bierbaum frohgemut. Der Saarländer, Vertrauter des Ex-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, lud die SPD „ausdrücklich“ dazu ein, die Linke beim Kampf für die Rücknahme der Rente ab 67 zu unterstützen. Schließlich sei die Verlängerung der Lebensarbeitszeit „sozialpolitisch und arbeitspolitisch“ widersinnig.

Einer, auf den die Linke zählen kann, ist Klaus Wowereit. Er unterstrich am Freitag nochmals seine bekannte Meinung, die Rente mit 67 ganz abzuschaffen. Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte er, sie sei „versicherungsmathematisch Unsinn“. „Wenn das reale durchschnittliche Renteneintrittsalter näher an die 65 heranrückt, ist damit mehr zur Stabilisierung der Rentenkassen getan als durch Verlängerung für die wenigen, die bis 65 arbeiten.“

Ob es wirklich zum großen Schulterschluss der Opposition kommt, ist offen. In der SPD gibt es keine einheitliche Meinung. Am 23. August will sich das Parteipräsidium mit dem Thema beschäftigen, um für den Parteitag im September eine Marschrichtung festzulegen. Der Bundestagsabgeordnete Anton Schaaf, der über gute Kontakte zur Linkspartei verfügt, schlug am Freitag vor, den Start der Reform um fünf Jahre auf 2017 zu verschieben. Von da an könne das gesetzliche Rentenalter steiler angehoben werden. „Dann kann die Reform im vollen Umfang trotzdem 2029 in Kraft treten“, sagte er.

Bierbaum weiß um die Meinungsverschiedenheiten in der SPD. Eine „klare Ablehnung“ der Rente mit 67 stellt er bei SPD-Chef Sigmar Gabriel fest. Der habe sogar ein Argument der Linken aufgenommen und halte die Rente mit 67 faktisch für eine Rentenkürzung. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier dagegen sei nicht gewonnen, andere wollten „korrigieren und differenzieren“. Auch die Grünen sind nicht im Linken-Boot. „Herr Gysi erweckt beim Thema Rente mit 67 den Eindruck, als wenn wir uns da grundsätzlich einig werden. Dem ist aber nicht so“, sagte Parteichef Cem Özdemir der „Rheinischen Post“. Und fügte hinzu: „Gysi will die Rente mit 67 abschaffen, wir dagegen wollen sozial gerechte und tragfähige Bedingungen dafür schaffen.“

Fraktionschef Gysi selbst spricht inzwischen davon, dass eine Verschiebung der Rentenkürzung bis 2022 „das Minimum“ wäre. Mit einem Gesetzentwurf kommt seine Fraktion den anderen Parteien noch weiter entgegen – demnach soll die für 2012 vorgesehene Anhebung des Rentenalters zunächst „um mindestens einen Berichtszeitraum (vier Jahre)“ verschoben werden. Nach den Worten des Linken-Rentenexperten Matthias Birkwald wolle man damit „den Betroffenen Luft und der Politik Zeit für konstruktive Diskussionen verschaffen“. Parteivize Sahra Wagenknecht bettelte im „Hamburger Abendblatt“: „Wir hoffen, dass die Opposition wenigstens diesen Minimalkonsens ausnutzen wird, um etwas für die Menschen zu erreichen.“

Freilich wollen SPD und Grüne von der Linkspartei nicht vorgeführt werden. Zwar gibt es in den Hinterzimmern längst Kontakte über die Parteigrenzen hinweg. Linke Spitzenpolitiker aber haben mehrfach ernüchtert registriert, dass später in der Öffentlichkeit von Schnittmengen und Einvernehmen kaum die Rede ist. Auch Linken-Chef Klaus Ernst musste die Erfahrung machen, dass die SPD-Führung nach außen von rot-rot-grünen Plänen nichts wissen will. Als er jüngst zu einem „Oppositionsgipfel“ einlud, schmetterte Gabriel den Vorschlag als „Ausdruck äußerster Hilflosigkeit“ ab.

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