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Ortstermin: Der Mann als neues Erlebnis

Hans Monath über den Besuch von Familienministerin Kristina Schröder in einer Kindertagesstätte.

Von Hans Monath

Eine freundliche Aufnahme sieht jedenfalls anders aus. „Sag’ ich nicht!“, meint der Vierjährige im roten Fleece-Pulli trotzig zu der Besucherin, die sich gerade an seinen Tisch gesetzt hat und nach seinem Namen fragt. „Warum nicht?“, bohrt die junge Frau nach. „Will nicht“, lautet die Antwort knapp. Auch die nächsten zwei Kinder verweigern jede Auskunft. Da hilft es auch nicht, dass die Besucherin in der Kindertagesstätte Spreekita in Moabit nun erklärt, dass sie Kristina Schröder heiße und als Bundesfamilienministerin auch für Kitas wie diese zuständig sei. Die Kinder schütteln nur heftig den Kopf.

Die Erwachsenen an diesem Tag sind allerdings aufmerksamer und auskunftsfreudiger gegenüber der 31-jährigen CDU-Politikerin. Kristina Schröder will mit diesem Termin beweisen, dass sie als Familienministerin aus dem langen Schatten ihrer erfolgreichen Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) treten kann und sich mit der Förderung von Jungs ein ganz eigenes, bislang vernachlässigtes Thema vorgenommen hat. Deshalb hat sie sich am „Girls’ Day“ die Spreekita ausgesucht, in der vier Männer arbeiten, ein Viertel aller Erzieher. „Das ist schon was Besonderes“, meint die Besucherin aus der Politik, denn bundesweit betrage die Rate unter drei Prozent. Im nächsten Jahr soll es schon einen eigenen „Boys’ Day“ geben.

Joachim Dörrfeld, 47, ist einer der Spreekita-Erzieher. „Die Kinder brauchen diese andere Seite“, erklärt er der Ministerin. Weil Männer völlig anders seien, hält er es für wichtig, dass nicht nur Frauen in Kitas arbeiten. Er selbst sei früher Fernmeldetechniker gewesen und habe umgeschult. „Das passt sehr gut“, jubelt die junge Politikerin. Schließlich plane sie selbst ein Programm zur Umschulung von Arbeitslosen zu Erziehern. Das habe in Brandenburg so gut funktioniert, dass die neuen Erzieher aus anderen Bundesländern abgeworben worden seien. Schröder ist überzeugt, dass der geringe Männeranteil in pädagogischen Berufen ein Grund für das schlechtere Abschneiden von Jungs in der Schule ist.

Mit im Kreis der Ministerin sitzt Jonas Belkaid, einer von drei Schülerpraktikanten, die sich an diesem „Girls’ Day“ in einem sozialen Beruf umsehen und in der Spreekita gelandet sind. Der 15-Jährige hält Erzieher zwar für einen tollen Beruf, hat aber selbst andere Pläne. „Ich will eigentlich mehr in die Richtung Polizei, Pilot oder Arzt.“ Vor wenigen Jahren wurde er selbst noch in der Spreekita betreut und traf dort männliche Erzieher. So sehr hätten ihn die Pädagogen mit der tiefen Stimme nicht überrascht, schließlich habe er ja einen Vater, meint er: „Der Mann war nichts Neues für mich.“ Für Kinder aus geschiedenen Ehen oder von alleinerziehenden Mütter sei das aber ein neues, wichtiges Erlebnis gewesen.

Die Ministerin hört’s gerne, steht auf und bedankt sich: „Für mich war das ausgesprochen interessant.“ Nach einer Dreiviertelstunde ist der Besuch auch schon zu Ende. Die CDU-Frau posiert noch schnell mit vielen niedlichen kleinen Mädchen an einem gedeckten Tisch, damit sie den Fotografen ein schönes Motiv bietet. Dann ist sie auch schon wieder draußen, gibt noch ein Fernsehinterview und eilt zum nächsten Termin.

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