zum Hauptinhalt

ORTSTERMIN: Harmonie kommt später

Gibt es den von Menschen verursachten Klimawandel, oder gibt es ihn nicht? Ganz einig sind sich Bernd Lucke, der Chef der Alternative für Deutschland (AfD), und sein Energieexperte Stephan Boyens da nicht.

Gibt es den von Menschen verursachten Klimawandel, oder gibt es ihn nicht? Ganz einig sind sich Bernd Lucke, der Chef der Alternative für Deutschland (AfD), und sein Energieexperte Stephan Boyens da nicht.

„Die Theorie der globalen Erwärmung hat starke Risse“, sagte Boyens am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Kaum hatte er geendet, relativierte Lucke: Es handle es sich bei Boyens’ Aussagen um dessen „persönliche Auffassung“. „Als Partei stellen wir die wissenschaftliche Evidenz dafür, dass CO2 ein Klimakiller ist, nicht infrage.“ Obwohl Lucke Boyens in anderen Punkten zustimmte – etwa darin, dass die Energiewende in ihrer aktuellen Form „Unsinn“ sei –, verirrte sich von diesem Zeitpunkt bis zum Ende der Pressekonferenz kein Lächeln mehr auf Boyens’ Gesicht.

Es ist nicht die erste interne Uneinigkeit in der AfD, im Berliner Landesverband gab es ebenso Streit wie im bayerischen. Aber nicht deswegen traten Lucke und seine Mitstreiter vor die Presse, sondern um zwei Neuigkeiten mitzuteilen.

Die erste: Die AfD hat in allen Bundesländern genug Unterstützungserklärungen gesammelt, um im Herbst überall zur Bundestagswahl antreten zu können. In jedem zweiten Wahlkreis reichen die Unterschriften für Direktkandidaten aus.

Die zweite: Die AfD könne mehr als nur Euro-Kritik. „Wir sind keine Ein-Themen-Partei“, sagte Parteichef Lucke. Bisher hat die AfD zwar erst ein vier Seiten dünnes Wahlprogramm veröffentlicht, derzeit arbeiten aber verschiedene „Fachausschüsse“ an einem Parteiprogramm, das nach der Bundestagswahl beschlossen werden soll. Die Leiter dreier Fachausschüsse hatten am Montag neben Lucke Platz genommen: außer Boyens auch Wilhelm Esser vom Ausschuss Gesundheitspolitik und Gerold Otten, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Die Reform der Bundeswehr habe die Soldaten verunsichert, sagte Otten; wegen Versetzungen und Auslandseinsätzen könnten sie keine Beziehungen mehr eingehen. Otten kritisierte Verzögerungen und Mehrkosten im militärischen Beschaffungswesen – etwa beim „Euro Hawk“ und dem Eurofighter – und deutsche Nato-Einsätze, die „immer schwerer als Verteidigungsaufträge gerechtfertigt werden können“. Doch auch zu diesem Thema gebe es „innerparteilich verschiedene Positionen, die wir noch harmonisieren werden“.

Esser blieb beim Thema Gesundheitspolitik eher vage: „Niemand wird von einer seit sechs Monaten bestehenden Partei ein fertiges, zukunftsweisendes Konzept erwarten.“ Das deutsche Gesundheitssystem sei eines der besten der Welt, sagte Esser, es brauche aber mehr Wettbewerb. Die AfD will das duale System beibehalten und lehnt die „staatliche Einheitsversicherung“ – also die Bürgerversicherung – ab, außerdem fordert sie einen Bürokratieabbau und „eine solide Finanzierung, die es noch zu entwickeln gilt“.

In Umfragen lag die AfD zuletzt nur noch bei einem bis drei Prozent. Lucke gibt sich im Hinblick auf die Wahlen dennoch zuversichtlich: Die AfD sei noch nicht bekannt genug, aber „ich glaube, wir sind sehr nahe an der Fünfprozenthürde dran“. Nach der Wahl würde die AfD dann nur mit Parteien koalieren, „die sich in der Euro-Rettungspolitik umorientieren“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false