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Kampf um Werte. Vitali Klitschko wirkt

© dpa

ORTSTERMIN: Im politischen Ring

Der Empfang ist ganz nach dem Geschmack des Champions. Aus den Boxen donnert der Song „Hells Bells“ der Gruppe AC/DC.

Der Empfang ist ganz nach dem Geschmack des Champions. Aus den Boxen donnert der Song „Hells Bells“ der Gruppe AC/DC. Musik, zu der er sonst in den Kampf zieht. Doch Schwergewichts- Weltmeister Vitali Klitschko steigt an diesem Samstagvormittag nicht in den Ring. Stattdessen ist er nach Arnstadt zur Thüringer Jungen Union gekommen, um eine Rede zu halten. Denn Klitschko ist auch Vorsitzender einer Partei in seinem Heimatland Ukraine, der Ukrainischen Demokratischen Allianz für Reformen (UDAR).

Als er – inszeniert wie bei seinen Faustkämpfen – an der Seite von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht einzieht, applaudiert der Saal dem Zwei-Meter-Mann verzückt. Kameraleute und Fotografen drängen heran. So viel Aufmerksamkeit hat der Parteinachwuchs der CDU, der in Arnstadt seinen Landestag abhält, wohl noch nie bekommen. Man sonnt sich gern im Glanz des prominenten Sportlers. Es sei großartig, dass sich Klitschko auch politisch engagiere, lobt ihn die zwei Köpfe kleinere Ministerpräsidentin. Die Klitschko-Brüder waren schon 2004 in der Demokratie-Bewegung aktiv.

Am Rednerpult gibt der Boxer, heute im blauen Anzug, nicht den Haudrauf. Für einen Politiker wirkt er fast ein bisschen unbeholfen. Aber dem Publikum ist er deshalb erst recht sympathisch. „Politik ist auch ein Kampf – ein Kampf für Werte“, sagt er. Vermittelt hat den Gastauftritt in Thüringen die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Klitschkos Partei UDAR habe landesweit viele Abgeordnete auf Bezirksebene, begründet dies Nico Lange, der Leiter des Büros der Adenauer-Stiftung in der Ukraine. Nach einem Besuch bei Bundespolitikern in Berlin wollten die UDAR-Leute nun erfahren, wie ein Bundesland funktioniert. Dass sie nach Ostdeutschland kommen, war naheliegend: Die Probleme mit der Transformation eines ehemaligen sozialistischen Systems verbinden.

Die siebenköpfige Delegation hatte zuvor mit thüringischen Politikern gesprochen, Freitagabend traf man sich auf Schloss Ettersburg bei Weimar mit Lieberknecht zum Essen. „Es ist kein Zufall, dass UDAR mit der CDU zusammenarbeitet. Es gibt eine gewisse Nähe, was die Werte anbetrifft“, sagt Lange. Lange zufolge kommt Klitschkos Partei in Umfragen derzeit auf vier bis sieben Prozent. Bei der ukrainischen Parlamentswahl in einem Jahr wolle sie erstmals antreten.

„Es ist sehr bemerkenswert, dass Klitschko nicht in Kalifornien Golf spielt, sondern sich in die Niederungen der ukrainischen Politik begibt“, sagt Lange anerkennend. Dies umso mehr, da die politische Klasse in der Ukraine „unglaublich zynisch und unglaublich korrupt“ sei. So würden gute Listenplätze bei Wahlen von den Parteien regelrecht verkauft. UDAR wolle das nicht mitmachen.

Kampf gegen Korruption, bessere Verwaltung und soziale Marktwirtschaft lautet das Parteiprogramm in Kurzform. Dazu wirbt der Boxer für Europa, was in der gegenwärtigen Krise schon erstaunlich ist: „Kämpft bitte für die europäische Integration“, ruft er den Vertretern der Jungen Union zu. Seine Partei strebe eine Vollmitgliedschaft der Ukraine in der EU an. Das sei kein einfacher Weg, aber wenn jemand an sich glaube, dann werde er sein Ziel erreichen. Ein Satz, den er auch nach dem Schlussgong im Ring hätte sagen können. Der Beifall für Klitschko ist groß. Erst recht für seine Einladung nach Kiew. Man möge bitte im nächsten Jahr zum Endspiel der Fußball-Europameisterschaft kommen, wirbt er. Und fügt hinzu: „Meine Vision ist ein Finale Deutschland gegen die Ukraine.“

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