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Ortstermin: Jahrgang 1971, blonder Punk

Die Ex-PDS-Abgeordnete Angela Marquardt wird SPD-Mitglied.

Besprechungsraum 2433 im Jakob-Kaiser-Haus, in dem viele Bundestagsabgeordnete ihre Büros haben. Auf dieser Etage arbeitet Andrea Nahles, SPD-Fraktionsvize, Galionsfigur der Parteilinken. Am gestrigen Donnerstag steht nicht sie, sondern ihre Mitarbeiterin Angela Marquardt im Mittelpunkt der kleinen Journalistenrunde im Raum 2433. Denn Marquardt, vormals stellvertretende PDS-Vorsitzende und PDS-Bundestagsabgeordnete von 1998 bis 2002, hat Neuigkeiten mitgebracht.

Angela Marquardt, die sich vor fünf Jahren ohne öffentliches Aufsehen von der PDS gelöst hat, wird in die SPD eintreten. In ihrer Beitrittserklärung nennt sie in der Spalte, in der man angeben kann, (aber nicht muss), wer das neue Mitglied geworben hat, den Namen Kurt Beck. Der SPD-Vorsitzende war es nämlich, der ihr im letzten November die Frage gestellt hat, ob sie sich vorstellen könne, Mitglied der SPD zu werden. Damals hatte Beck, als er vom ungewöhnlichen Weg der Nahles-Mitarbeiterin erfuhr, sich für ein Treffen mit ihr interessiert.

„Für mich ist es ein Eintritt, kein Überlaufen“, erklärt Marquardt gestern ihren Schritt. Was heißt: Sie kennt die Verratslegenden, die aus Biografien wie ihrer leicht gemacht werden können. Marquardt, blonder Punk, gepiercte Augenbraue, war lange Zeit so etwas wie die Vorzeigejugendliche der PDS, eine, die man gut im Westen vorzeigen konnte. Dass Parteibindungen die Freiheit einschränken können, die ihr, geboren 1971 in Ludwigslust, besonders viel bedeuten, hat sie nach der Bundestagswahl 2002 gemerkt, als die PDS-Reformer Rückschläge einstecken mussten. Freunde hat sie nach ihrer langen Mitgliedschaft dort bis heute. Aber 2003 lautete ihr Fazit: Diese Partei ist nicht erneuerungsfähig.

In der Linkspartei war sie deshalb nie, und als Kommentar zur aktuellen Debatte will sie ihren Schritt nicht missverstanden wissen. Ja, ihr Eintritt sei auch ein ganz bewusster Schritt, die Parteilinke in der SPD zu unterstützen. Aber es handle sich um einen „über Monate gereiften Beschluss“, der auf der Zustimmung zum Parteiprogramm und den Zielen der SPD beruhe.

Marquardt musste nach ihrer steilen PDS-Karriere lange um einen Platz im „normalen“ Leben kämpfen. Sie bleibt wissenschaftliche Mitarbeiterin von Nahles. Künftig wird sie in der AG Rechtsextremismus des SPD-Parteivorstands mitarbeiten. tib

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