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ORTSTERMIN: Trompeten im Regen

Es sind nicht nur die Begegnungen mit den Streitkräften anderer Nationen, die die Soldatenwallfahrt für viele zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Eindrücke aus Lourdes.

Die Zufriedenheit steht Militärbischof Walter Mixa ins Gesicht geschrieben. Tausend deutsche Soldaten und knapp 1400 Zivilisten sind seiner Einladung zur 50. Internationalen Soldatenwallfahrt ins südfranzösische Lourdes gefolgt. Hunderte von ihnen drängen sich kurz nach Mitternacht auf der schmalen Straße vor dem Café Cintra, eine bunte Mischung von Menschen in grün geschecktem Fleckentarn, blauen Luftwaffen-Uniformen, grauem Heereszwirn und weiß-blauen Kapitänsmützen, Generälen, Kadetten, Obergefreiten. Mitten im Gewühl bläst der Chef des Heeresmusikkorps 12 aus Veitshöchheim zum Einsatz, Bischof Mixa erhebt in seinem purpurfarbenen Gewand das Glas und stimmt mit lautem Bass die Hymne des Abends an: „Ein Prosit der Gemütlichkeit!“

Später werden die deutschen Soldaten, begleitet von Pauken und Trompeten, auf der Straße zum „Schneewalzer“ tanzen und mit der Kapelle den Bayerischen Defiliermarsch schmettern. Es wird eine lange Nacht, die 50. Internationale Soldatenwallfahrt geht zu Ende, am folgenden Tag treten die Männer und Frauen in Uniform mit dem Zug oder dem Flugzeug die Heimreise nach Deutschland an. „Ihr werdet mit anderen Gedanken zurückkommen, als mit denen ihr hergekommen seid“, hatte Militärbischof Mixa beim deutschen Eröffnungsgottesdienst der Wallfahrt seinen „Schäfchen“ an der Grotte der heiligen Bernadette prophezeit – eine Vorhersage, die am Ende der Pilgerfahrt wohl fast jeder für sich in Anspruch nimmt. Dabei glauben längst nicht alle der insgesamt 25 000 Wallfahrtsteilnehmer aus 40 Nationen an Gott. Auch mit der katholischen Kirche, geschweige denn ihrem Wallfahrtsort Lourdes, der in diesem Jahr das 150. Jubiläum einer Marienerscheinung feiert, sind keinesfalls alle Teilnehmer d’accord. „Ich bin nicht mit großen Vorstellungen hergekommen“, sagt ein junger deutscher Wehrdienstleistender aus Salem. Ihn haben nicht die zahlreichen Gottesdienste und Predigten in Lourdes beeindruckt, sondern vor allem der persönliche Kontakt mit Soldaten aus anderen Nationen. Beim Bier am Abend oder auf dem Weg in den „Heiligen Bezirk“ komme man selbst bei Dauerregen schnell ins Gespräch – geredet werde über Auslandseinsätze, militärische Strukturen, aber auch Privates.

Aber es sind nicht nur die Begegnungen mit den Streitkräften anderer Nationen, die die Soldatenwallfahrt für viele zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. „Der Glaube spielt für viele Soldaten eine viel größere Rolle, als die meisten zugeben mögen“, sagt Hauptmann Siegfried Balk. Aus seiner Sicht erleichtert der Glaube an eine göttliche Instanz ein Dasein als Soldat: „Das macht den Dienst einfacher, besonders im Auslandseinsatz.“ Die Soldatenwallfahrt in Lourdes verstärke nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Soldaten, sondern gebe ihnen neben der Möglichkeit zur Einkehr auch ein positives Gefühl der Hoffnung – für viele eine sinnstiftende Erfahrung. Luftwaffen-Stabsunteroffizier David Balduani wird diese Hoffnung im Dezember mit ans andere Ende der Welt nehmen: Dann tritt der 25-Jährige seinen Dienst bei der internationalen Nato-Friedenstruppe Isaf in Afghanistan an. Neben der inneren Stärkung durch Gebete und Begegnungen liegt ein Sinn der Internationalen Soldatenwallfahrt darin, dass in dem Städtchen am Fuße der Pyrenäen die sonst rigiden militärischen Hierarchien in weiten Teilen außer Kraft gesetzt sind – und sich hochrangige Generäle wie Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan oder der Bundesminister der Verteidigung, Franz Josef Jung (CDU), unters Pilgervolk mischen. „Es bedeutet vor allem den jungen Soldaten viel, dass sich die hohen Tiere Zeit für so was nehmen“, sagt ein Luftwaffengefreiter.

Zum Zapfenstreich um halb zwei spielt das deutsche Heeresmusikkorps vor dem Café Cintra den Soldatenklassiker „Lili Marleen“ – selten hat man Bundeswehrsoldaten so ausgelassen gesehen.

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